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DIE IRRE VERSCHWÖRUNGS-THEORIE VON DER NAZI-FESTUNG IM EIS
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1938 brach ein deutsches Schiff unter strengster Geheimhaltung zu einer Expedition in die Antarktis auf – angeblich, um eine Nazi-Festung für Hitler und seine Schergen im ewigen Eis zu errichten. So verrückt die Geschichte auch klingt, sie hat tatsächlich einen wahren Kern.
Wer sich auf alten Landkarten einmal Bilder der Antarktis ansieht, der mag mitunter eine Überraschung erleben: Im nördlichen Bereich des ewigen Eises ist manchmal noch ein Bereich eingezeichnet, der als Neuschwabenland bezeichnet wird. Doch was steckt hinter diesem mysteriösen Namen? Die Antwort ist genauso erstaunlich wie haarsträubend.
Es ist kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges im Sommer 1945, als zwei deutsche U-Boote den argentinischen Hafen Mar del Plata anlaufen. Die beiden Oberleutnants Otto Wermuth und Heinz Schaeffer sowie ihre Besatzung werden sofort festgenommen und verhört, und als die Presse von der Sache Wind bekommt, stellt sie eine geradezu absurd anmutende Theorie auf: Die beiden Unterseeboote seien Teil eines größeren Konvois gewesen, der Adolf Hitler, Eva Braun, Martin Bormann und andere Nazi-Schergen nach der Kapitulation Deutschlands in Sicherheit gebracht hätten – zu einer geheimen Festung in der Antarktis.
Was auf den ersten Blick nach absolutem Humbug und frei erfunden klingt, ist eine der bis heute am heftigsten diskutierten Verschwörungstheorien überhaupt – die sogar einen wahren Kern aufweist. Zahllose Bücher wurden ihr gewidmet, Autoren und sogar Wissenschaftler auf der ganzen Welt beschäftigen sich mit der Legende von Neuschwabenland.
Ausgangspunkt sämtlicher Mythen um Neuschwabenland und die Nazi-Festung im ewigen Eis ist der 17. Dezember 1938, als ein deutsches Schiff unter strengster Geheimhaltung zu einer Expedition in die Antarktis aufbricht, in einen unerschlossenen Teil, der heute als „Königin Maud-Land“ bekannt ist. Der Kapitän Alfred Ritscher ist Mitglied der Kriegsmarine und hat bereits an Expeditionen in die Arktis teilgenommen. Das 8000 Tonnen schwere Schiff „Schwabenland“ bricht mit zwei Flugbooten an Bord auf, um einen Landstrich zu kartografieren und in Besitz zu nehmen, der schließlich Neuschwabenland getauft wird. Doch was wollen die Nazis im ewigen Eis der Antarktis? Könnten sie tatsächlich den Bau einer geheimen Festung planen, um sich vor dem Zugriff ihrer Feinde zu verstecken?
Im Laufe der Jahrzehnte nach der deutschen Antarktis-Expedition werden die Spekulationen immer wilder, die Theorie von einer tatsächlichen Nazifestung in Neuschwabenland verfestigt sich. Behauptet wird zum Beispiel, an den Polkappen würden sich Eingänge ins Innere der Erde befinden, auch von Nazi-Ufos, den sogenannten Reichsflugscheiben, war die Rede. Auch wird gemutmaßt, die Nazis würden in Kontakt mit ihnen freundlich gesonnenen Außerirdischen vom Stern Aldebaran stehen.
Schließlich findet zwischen Dezember 1946 und Januar 1947 in der Antarktis etwas statt, dass die angebliche Nazi-Festung in Neuschwabenland endgültig zur Legende werden lässt: Die USA starten ein gigantisches Militär-Manöver, die „Operation Highjump“, an dem neben 33 Flugzeugen und 13 Schiffen auch 4700 Soldaten beteiligt sind. Obwohl die Mission offiziell Forschungszwecken dient, steht für die Verschwörungstheoretiker fest: Die Amerikaner griffen damals Hitlers Eis-Festung an, angeblich, nachdem eine Offensive der Briten gegen die antarktischen Nazi-Schergen unter dem Decknamen „Tabarin“ zurückgeschlagen wurde.
1958 kam dann die absolute Sternstunde der Neuschwabenland-Verschwörungstheoretiker: Die USA zündeten im Rahmen der Operation Argus drei Atombomben in der südlichen Hemisphäre – für Verfechter der Theorie kann der Grund nur sein, dass damit der letzte Widerstand Deutschlands im ewigen Eis gebrochen und das Ende von Neuschwabenland besiegelt werden sollte.
Wer nun glaubt, es handele sich gänzlich um Hirngespinste – einen wahren Kern hat die verrückte Geschichte: So brach die „Schwabenland“ im Winter 1938 tatsächlich in die Antarktis auf, und man hatte wohl tatsächlich das Ziel, dort eine deutsche Basis einzurichten – allerdings für den Walfang, denn Deutschland benötigte dringend Wal-Tran. Daraus wurde eine Zutat für den Sprengstoff Nitroglycerin gewonnen. Aber auch für Öl, Schmierstoffe und sogar Margarine wurden sie benötigt, sodass damals ganze 50 Schiffe für Hitler Jagd auf Wale machten. Zu dieser Zeit kontrollierte England im Bereich des Walfangs weite Teile des Atlantiks, weswegen Deutschland wohl in diese abgelegenen Gewässer ausweichen wollte.
Nun zur „Operation Highjump“: Zahlreiche Verschwörungstheoretiker hatten begonnen, von Nazi-Ufos zu fantasieren, nachdem der Leiter des Manövers, Richard Byrd, vor einer Bedrohung einer „Invasion feindlicher Flugzeuge aus Richtung der Polarregion“ gewarnt hatte. Gemeint waren aber freilich sowjetische Flugzeuge. Die Operation diente wohl tatsächlich allein Forschungszwecken. Die antarktische Küste und Teile des Landesinneren wurden durch Luftbilder kartografiert.
Und was war mit den drei Atombomben, die 1958 angeblich über Hitlers Eis-Festung niedergingen? Nun, die gab es tatsächlich. Allerdings wurden sie 1760 Kilometer südwestlich entfernt von Kapstadt gezündet, in einer Entfernung von mehreren tausend Kilometern zum Königin-Maud-Land/Neuschwabenland. Da die Unterlagen über die Operation Argus aber lange geheim waren, blühten wohl im Zuge dessen auch die entsprechenden Verschwörungstheorien auf.
Sie haben sich bis in unsere Zeit derart hartnäckig gehalten, dass der Meeresforscher Colin Summerhayes 2007 in der Zeitschrift „Polar Record“ sogar einen 21-seitigen Artikel zu dem Thema veröffentlichte – in dem er allerdings sämtliche Theorien als Hirngespinste entlarvte. 2004 fühlte sich sogar das deutsche Außenministerium noch einmal genötigt, zur Frage um Neuschwabenland Stellung zu beziehen. Laut einem Bericht von „Welt Online“ antwortete man auf eine Anfrage des Buchautors Heinz Schön damals: „Das frühere Deutsche Reich hat Gebietsansprüche in der Antarktis nicht erhoben.“ Und trotzdem hat es ein skurriler Mythos geschafft, sich bis in die heutigen Tage zu halten.
Quelle: TRAVELBOOK
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