12.11.2007
UFOs und die deutsche Luftwaffe: Keine X-Akten, aber...
Kaum zu glauben, aber wahr ist der Sturm im Wasserglas. Auch wenn im Editorial der Ausgabe Juni/Juli 1996 geschrieben wurde: "Magazin 2000 forscht für Sie, hier erfahren Sie Fakten, keine Meinungen." Bilden Sie sich Ihre Meinung selbst! Wie auch immer, Manfred Horn aus Duisburg meldete sich in der April/Mai 1997 zu Worte, weil er am 16.8.1996 folgsam an Dr.Rühe geschrieben hatte. So bat er u.a. um Stellungsnahmen zur angeblichen NATO-UFO-Studie, über die bereits Hesemann eine zurückweisende Antwort erhalten hatte. Zudem wiederholte er schlicht und einfach bereits den Inhalt des Hesemann-Briefes nach Bonn, in der Erwartung das ihm eine andere Stellungsnahme als gegenüber Hesemann zugehen werde. Am 5.9.1996 erfuhr Horn durch den Führungsstab der Luftwaffe mehr, u.a.: "Im übrigen darf ich darauf hinweisen, dass das Bundesverteidigungsministerium bereits vor einiger Zeit aufgrund ähnlicher Anfragen aus Ihrem Umfeld beizahlreichen anderen Botschaften angefragt hat, wie UFO-Meldungen dort behandelt werden. Kein Land gab an, dass Meldungen dieser Art vor militärischem Hintergrund bearbeitet werden, da ein offizieller Handlungsbedarf nicht gesehen wird. Dort, wo eingehende Meldungen gesammelt werden, werden diese ausnahmslos an private Interessenorganisationen unkommentiert weitergeleitet und nicht weiter bearbeitet. Selbst die amerikanische Luftwaffe hat ihre zwanzigjährige Untersuchungsarbeit eingestellt, als deutlich wurde, dass sie ohnehin zu keinem Ergebnis führen würde... Sofern es Bundeswehrangehörige gibt, die sich privat mit dem Thema beschäftigen oder von persönlich erlebten ´Erscheinungen´ berichten, ist eine Korrelation weder mit einer offiziellen noch mit einer inoffiziellen Bearbeitung in unserem Hause angezeigt und entbehrt jeder Grundlage."
Unruhig schrieb Hesemann am 3.Januar 1997 nochmals an den Verteidigungs-Minister, "um nachzufragen, ob man dort die bisherige Politik der Ignoranz in Sachen UFOs zu revidieren bereit war". Fluchs legte er noch ein Exemplares seines Werkes (mit der Betonung, dass dies ein Bestseller sei) UFOs über Deutschland bei, in welchen "Fälle zitiert werden, in die die Bundeswehr involviert war". Damit sollte Dr.Volker Rühe ein "Einblick in die Realität und das Vorkommen der UFOs in Deutschland vermittelt" werden. Ein großzügiges Angebot begleitete das Schreiben: Der Minister könne eine beliebige Anzahl dieser Werke kostenfrei anfordern, damit dieses an seine Ministerialbeamten zur Einarbeitung verteilt werden könne. Hesemann fürchtete nämlich, dass die bisherige "Politik" des BM für Verteidigung entweder auf Ignoranz basiere oder ihren Grund in einer Vertuschung habe, weswegen es "sehr viel von seiner Glaubwürdigkeit einbüßt". Hesemann stützte sich auf Quellen, die er als "Offiziere aus NATO-Staaten" etc vorstellte, wobei in allen Fällen es ehrlicher gewesen wäre, hier in "Ex-Offizieren" zu sprechen. Deswegen sprach er "Deutschland als junge Demokratie" halbwegs auch die Informationsfreiheit ab und bat um eine Veränderung der Situation, in der der "Geheimhaltung ein Ende zu setzen" sei und wünschte, dass "die deutsche Öffentlichkeit an Ihren Erkenntnissen oder Beobachtungen zum UFO-Phänomen teilhaben" solle. Tatsächlich kam von Seitens des Führungsstab´s der Luftwaffe mit Schreiben vom 21.Januar 1997 auch eine Antwort, von i.A.Unruh gezeichnet, zustande. Hierin wurde betont, dass man die Medienberichte über allgemeine UFO-Darstellungen verfolge, zwar nicht mit besonderem Interesse, so doch mit Aufmerksamkeit: "Allerdings besitzt oder betreibt die Bundeswehr keinerlei UFO-Forschungsstellen oder UFO-Archive." Nochmals wurde darauf verwiesen, dass es im Geschäftsbereich des Ministerium - "entgegen Ihres Zitats" - bisher von Angehörigen der Bundeswehr keine derartigen Meldungen gab: "Dies gilt insbesondere für die Luftfahrzeugbesatzungen der Alarmrotten der Jagdgeschwader der Luftwaffe oder unserer NATO-Partner, die im Falle ungewöhnlicher Ereignisse oder besonderer Vorkommnisse im Luftraum zur Identifizierung des Flugobjekts eingesetzt werden."
Auch aus dem Kreis hochspezialisierter Fachleute wie Radarleitoffiziere des Radarführungsdienstes der Luftwaffe im Rahmen der NATO-Luftverteidigung "liegen keinerlei Meldungen vor, die in irgendeinen Zusammenhang mit UFO-Sichtungen gebracht werden können". Und schon gab es wieder einen Dämpfer aus Bonn: "Daher ist weder Ihre Einlassung, dass ´die Bundeswehr auch an Aufklärungsflügen in Verbindung mit den UFO-Sichtungswellen über Mitteleuropa am 30./31.März und 05.November 1990 beteiligt war´. Noch die des von Ihnen erwähnten Beamten der Schweizer militärischen Luftraumüberwachung zutreffend. Die Ereignisse in Belgien und Großbritannien sind hier nur aus den öffentlichen Publikationen bekannt. Auch aus dem Bereich der Funktechnischen Truppen der ehemaligen Nationalen Volksarmee liegen zur UFO-Problematik keine Erkenntnisse vor. Das BMVg hat vor einiger Zeit bei zahlreichen Botschaften der in Deutschland akkreditierten Staaten angefragt, wie UFO-Meldungen dort behandelt werden. Kein Land gab an, dass Meldungen dieser Art vor einem militärischen Hintergrund bearbeitet werden, da ein offizieller Handlungsbedarf nicht gesehen wird. Nachvollziehbare Erkenntnisse über die Existenz von UFOs liegen somit im BMVg nicht vor. Einzig aus diesen dargestellten Gründen kann das BMVg zur UFO-Forschung keinen Beitrag leisten." Im PS setzte Unruh nach: "Für die kostenlose Überlassung einiger Exemplare Ihres Buches UFOs über Deutschland wäre ich Ihnen trotzdem dankbar." (Nebenbei: Am 3.2.1998 übermittelte WW an die selbe Person im Führungsstab der Luftwaffe sein Buch UFOs: Die Wahrheit. Als Antwort erfolgte am 6.Februar 1998 eine Reaktion, in welcher nochmals betont wurde, dass "im Sinne extraterrestrischer Fluggeräte" noch keine UFO-Vorkommnisse gemeldet wurden; weitere Einsendungen von Publikationen wurden dagegen nicht erbeten, ja Unruh bat sogar darum, davon Abstand zu nehmen, um dem "Neutralitätsgebot" jeder Bundesbehörde gerecht zu werden.)
Hesemann hatte einen kleinen dramatischen Trick angewendet, als er das Antwortschreiben vom 21.1.97 in ´M 2000´ für April/Mai 1997 abdruckte: Er gaukelte mittels eines grafischen Tricks vor, dass das Schreiben an ihm an den Rändern der Seiten ausgefranzt ist, wodurch der Eindruck entstände, es handle sich um ganz brisantes Dokumentenmaterial direkt aus einem Aktenbestand. Damit suggeriert man ihm ein besonderes Gewicht, welches natürlich auch hat - wenn auch in einer anderen Richtung, als UFO-Enthusiasten sich dies wünschen. Natürlich gab es einen Kommenentar, der finstere Abgründe ahnen ließ, so als müße man ständig ein Feuer der Geheimhaltungs-Atmosphäre beheizen: "Entweder reden wir aneinander vorbei - und das BM der Verteidigung benutzt eine andere Terminologie und versteht unter ´UFO´ etwas anderes als wir -, oder man weiß es nicht besser - vielleicht werden UFO-Fälle gleich von einer übergeordneten Behörde, evtl. auf NATO-Ebene behandelt - oder man sagt in Bonn nicht die Wahrheit." Vielleicht würde jemand dies demagogisch nennen, andere mögen naive Dummheit darin sehen. Richtig dagegen ist, wie auch im Brief vom 6.2.1998 an WW dargestellt, dass es UFOs im Sinne der extraterrestrischen Fluggeräte im Geschäftsbereich des BMVg niemals gab, dort den UFO-Begriff aber im eigentlichen Sinne verwendet, also für unidentifizierte Flug-Objekte. Solche sind natürlich für Verteidigungs-Ministerien von Interesse, dahinter stecken aber nicht die Fliegenden Untertassen der außerirdischen Besucher, sondern potentielle (irdische!) feindliche Fluggeräte zwischen Hubschrauber, Flugzeug und Raketenwaffen! Tatsächlich reden dann UFOlogen an den Offiziellen vorbei, weil die jeweilige Sinngebung des UFO-Begriffs eine andere ist - klar und falsch kontextlich verwendet von den Freunden des Phantastischen, den UFO-Promotern. Da außerirdische Fluggeräte aber nicht aufgetreten sind, besteht auch keinerlei offizieller Handlungsbedarf, so einfach ist es. Punktum. Dies müßen die UFO-Freunde nicht begreifen, mehr nicht, dann ist alles klar und sinnloses schwadronnieren über "geheime, übergeordnete Stellen" werden unnötig, damit entfällt leider auch der "Lügen"-Vorwurf, ein immens wichtiges Stilmittel zur Erhaltung ganz bestimmer, faszinierender Vorstellungswelten.
"UFOs über Deutschland" kam als TB im Falken-Verlag heraus und wird ein "praktisches Handbuch" genannt, dessen Titel eine der Schwindelaufnahmen des von Hesemann inzwischen wieder hochgehaltenen Schweizer UFO-Kontakt-Schwindlers Eduard Meier ziert. Im Kapitel "Stimmen aus Bonn" erklärt der Autor, dass sich die Bundeswehr generell schwer tut, "die Realität des UFO-Phänomens einzugestehen". Hier bezog er sich auf eine Anfrage beim BMVg vom 23.Oktober 1981, die am 3.November 1981 Beantwortung fand und in welcher bereits klar gemacht wurde, welche Bedeutung das Kürzel U.F.O. dort hat: "nicht identifizierte Flugzeuge", also solche "Luftfahrzeuge, die ohne Anmeldung in den Luftraum der Bundesrepublik Deutschland einfliegen. Diese Luftfahrzeuge werden aus Sicherheitsgründen mit allen verfügbaren Mitteln identifiziert. Dem Bundesministerium der Verteidigung liegen konkrete Anhaltspunkte für die Existenz von Flugobjekten, die landläufig als ´UFOs´ bezeichnet werden [also die Fliegenden Untertassen außerirdischer Besucher!] nicht vor". Hier wurde schon klar gemacht, was UFOs für das BMVg heißt und dies nicht dem entspricht, was die öffentliche Vorstellung (die von UFOlogen mit gepflanzt wurde!) ausmacht. Hesemann bezieht sich dann auf seine Recherchen, welche ergaben, dass diese Darstellung falsch ist und es Indizien (!) für eine geheime Bundeswehr-UFO-Untersuch gäbe. Hierbei bezieht er sich auf den Essener UFOlogen Michael Appel, der im Sommer 1979 einem Martin Rebensburg aus Wuppertal begegnete, der ihm wiederum von einer Sichtung im Sommer 1959 berichtete, die er einst in Mettmann bei Düsseldorf machte. Rebensburg meldete den Vorfall der Bundeswehr, die ihn eingeladen haben soll, "die Sichtung vor einem Offiziersgremium von etwa 60 Personen zu schildern - und zwar an einer ´UFO-Forschungsstelle Düsseldorf-Flughafen´. Laut Rebensburg existierte diese Einrichtung seit dem 30.Juli 1955 und stand unter Aufsicht der ´Gesellschaft für Weltraumforschung´. 1960/1961 wurde die Dienststelle nach Frankfurt verlegt".
Eine weitere, noch wildere Story geht auf den Hagener UFO-Vielfachsichter Martin D. (auch als Marcus D. oder Mars D. vorgestellt) zurück. Mars Dame unterrichtete Gott und die Welt über seine Sichtungen, auf diesem Weg meldete er sich auch in Bonn. Daraufhin soll ein unerwarteter Besuch erschienen sein, halbwegs vom Typ Man In Black. Später bekam D. Besuch vom Gesundheitsamt, welches halbwegs versuchte ihn in eine psychiatrische Klinik einzuweisen. Der Fall der F-4-Aufnahme von Ex-Studiendirektor Dr.Karl Maier wird hier eingebracht, aber so dargestellt, dass eine Maschine der Bundesluftwaffe "gerade ein UFO verfolgte". Dabei zeigt die Aufnahme nur ein dahinfliegendes Flugzeug mit einer dahinter befindlichen Erscheinung. Der Fall Garlstedt/Osterholz aus der Nacht vom 13.auf den 14.Januar 1980 wird so verzerrt dargestellt, dass der falsche Eindruck entsteht, als seien deutsche Militärs in den Fall verwickelt gewesen, wobei es sich tatsächlich um NATO-Einheiten der Amerikaner handelte, die die Untersuchung der Meldung vornahmen - aber dieser Fall ist eine ganz spezielle Geschichte für sich und daraus eine Beteiligung von deutschen Militärs in größerem Umfang abzuleiten ist törricht. Dennoch ist für Hesemann klar: "All diese Fälle überzeugten mich davon, dass man in Bonn mehr wußte, als man bereit war zuzugeben." Deswegen hatte er bereits als junger Mann, im Sommer 1983, ein "Memorandum" an die Bundesregierung verschickt, um sie zur "Aufhebung der Geheimhaltung" aufzufordern. Bereits damals hatte der amtierende Verteidigungsminister, Dr.Manfred Wörner, erklärt, dem "Vorwurf der Ignoranz nicht folgen" zu können und versicherte, "dass es Geheimnisse ´in Sachen UFO´ im Bundesministerium der Verteidigung nicht gibt." Wieder einmal völlig unbefriedigt zog Hesemann dann mit einer Eingabe beim Petitionsausschuß des Deutschen Bundestags vor, weshalb das Verteidigungs-Ministerium schließlich am 8.Dezember 1983 reagierte: "Für die Existenz von UFOs gibt es keine stichhaltigen Anzeichen. Die zahlreichen ´Sichtungen´ finden in der Regel eine natürliche Erklärung. Wenn sich eine Sichtung nicht erklären läßt, so ist diese aber immer noch kein beweis für die Existenz von UFOs... Deshalb stellen UFOs aus ihrer vermeintlichen Existenz heraus keine Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland oder andere dar. Aus diesem Grund sehe ich keinen Anlaß für irgendwelche Aktivitäten zur Aufklärung der Problematik entsprechend der Forderungen des Petenten." Hesemann deswegen: "Die fehlende Bereitschaft zur Offenheit und Zusammenarbeit war augenscheinlich." Welche Unwahrheiten da das Ministerium erklärte, zeigte Hesemann, jedenfalls so seine Bekundung, in dem genannten Buch auf - man kann es durcharbeiten, einmal, zweimal oder dreimal - gefunden haben wir als Beweis nichts.
Bereits am 13.Januar 1969 erteilte das Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung auf Anfrage von Dieter von Reeken (Autor von "UFOlogie - Theorien und Tatsachen über Fliegende Untertassen", erschien 1981 im Verlag 2000 [sic!]) die Antwort, es werde keine staatliche UFO-Forschung betrieben: "Auf Ihre Anfrage teile ich Ihnen mit, dass die sogenannte UFO-Forschung von mir nicht gefördert wird, weil sie nicht in direktem Zusammenhang mit den Zielen der Bundesregierung bei der Förderung der Weltraumforschung steht. Die ausführlichen Registrierungen und Prüfungen von etwa 12.000 Berichten über UFOs seit 1947 haben in fast 95 Prozent aller Fälle eine irdische Erklärung gefunden. Dieser Umstand und die erschöpfende Tätigkeit der US Air Force haben mich bisher nicht veranlaßt, der UFO-Forschung besondere Aufmerksamkeit zu widmen." Auch der Bundesnachrichtendienst erklärte am 4.Februar 1997 gegenüber einem UFO-Freunde, dass der Dienst keineswegs bei der "UFO-Forschung behilflich sein kann": "Entgegen Ihrer Überzeugung, der von Ihnen angeführte angebliche Absturz [Schwindel-Fall Lesotho] eines UFOs, ist hier nichts bekannt.... Um jeglichen Spekulationen über hier vorhandene Erkenntnisse über UFOs vorzubeugen teile ich Ihnen weiter mit, dass die Beobachtung des UFO-Phänomens nicht in den Aufgabenbereich des Bundesnachrichtendienstes fällt. Gemäß dem gesetzlichen Auftrag sammelt der Bundesnachrichtendienst zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen. ´UFO-Sichtungen´ gehören dabei nicht in das Interessenspektrum hiesiger Behörde, da diese in keinster Weise vorstehend genannte Kriterien erfüllen. Dem zufolge liegen hier weder eine Sammlung von ´UFO-Fällen´, noch deren Analyse oder gar Verifizierung vor."
Quelle: CENAP-Archiv