.
ESO-Astronomen haben die bislang beste Aufnahme der ungewöhnlichen Wolken um den Sternhaufen NGC 3572 gewonnen. Dieses neue Bild zeigt, wie diese Wolken aus Gas und Staub durch die Winde der Ansammlung heißer junger Sterne zu wunderlichen Blasen, Bögen und seltsamen Erscheinungen geformt wurden, die als Elefantenrüssel bekannt sind. Die hellsten Sterne dieses Sternhaufens sind viel massereicher als die Sonne und werden ihr kurzes Leben durch Supernovaexplosionen beenden.
Die meisten Sterne entstehen nicht allein, sondern zusammen mit vielen Geschwistern, die etwa zur gleichen Zeit aus einer einzigen Gas- und Staubwolke gebildet werden. NGC 3572 im südlichen Sternbild Carina (der Schiffskiel) ist ein solcher Sternhaufen. Er enthält viele heiße, junge blauweiße Sterne, die hell leuchten und gewaltige Sternwinde ausbilden, die das restliche Gas und den Staub in ihrer Umgebung nach und nach auseinandertreiben. Die leuchtenden Gaswolken und der dazugehörige Sternhaufen sind das Beobachtungsobjekt einer neuen Aufnahme vom Wide Field Imager am 2,2 Meter-MPG/ESO-Teleskop am La-Silla-Observatorium der ESO in Chile [1].
Im unteren Teil des Bildes ist ein großes Stück der Molekülwolke zu sehen, in der die jungen Sterne geboren wurden. Mittlerweile wird sie drastisch von der starken Strahlung ihrer leuchtenden Nachkommen beeinflusst: Die Strahlung regt sie nicht nur Leuchten in einem charakteristischen Farbton an, sondern formt die Wolke zu erstaunlichen Strukturen wie Blasen, Bögen und dunklen Säulen, die von Astronomen Elefantenrüssel genannt werden [2].
Eine der eigenartigen Strukturen, die in dieser Aufnahme eingefangen wurde, ist der winzige ringförmige Nebel etwas oberhalb der Bildmitte. Die Astronomen sind immer noch unschlüssig über die Herkunft dieser ungewöhnlichen Form. Wahrscheinlich handelt es sich um ein besonders dichtes Überbleibsel der Molekülwolke, aus der der Sternhaufen entstanden ist, vielleicht eine Blase, die um einen sehr hellen, heißen Stern entstanden ist. Einige Wissenschaftler ziehen aber auch die Möglichkeit in Erwägung, dass es sich um eine Art seltsam geformten Planetarischen Nebel – das Überbleibsel eines sterbenden Sterns – handeln könnte [3].
Sterne, die in einem Sternhaufen zur Welt kommen, mögen zwar Geschwister sein, aber keine Zwillinge. Sie sind fast gleich alt, unterscheiden sich aber in Größe, Masse, Temperatur und Farbe. Der Lebenslauf eines Sterns wird im Wesentlichen durch seine Masse bestimmt, so dass ein Sternhaufen Sterne in verschiedenen Lebensstadien enthält, was den Astronomen wiederum ein perfektes Labor bietet, um die Entwicklung von Sternen zu untersuchen [4].
Diese Ansammlungen junger Sterne bleiben eine relativ kurze Zeit zusammen, typischerweise einige zehn oder hunderte Millionen Jahre. Sie werden nach und nach durch gravitative Wechselwirkungen aufgelöst, aber auch dadurch dass die massereichsten Sterne kurzlebig sind, ihren Treibstoff schnell aufbrauchen und schließlich ihr Leben durch eine gewaltige Supernova-Explosion beenden, was zur Zerstreuung des verbleibenden Gases und der Sterne im Sternhaufen beiträgt.
Endnoten
[1] Die Daten aus denen dieses Bild erstellt wurde, hat ein Astromomenteam unter der Leitung des ESO-Astronomen Giacomo Beccari gesammelt, um mit dem Wide Field Imager die Physik der protoplanetaren Scheiben junger Sterne in NGC 3572 zu untersuchen. Dabei stellten die Wissenschaftler überraschenderweise fest, dass der Sternhaufen Sterne enthält, die älter als zehn Millionen Jahre sind, immer noch eindeutig Masse anhäufen und somit immer noch von Scheiben umgeben sein müssen. Dies belegt, dass die Sternentstehung in NGC 3572 seit mindestens 10-20 Millionen Jahren stattfindet und würde bedeuten, dass der Prozess der Planetenentstehung auf viel längeren Zeitskalen läuft als bisher angenommen.
[2] Das berühmteste Beispiel für solch einen Elefantenrüssel sind die Säulen der Schöpfung im Adlernebel, die in feinstem Detail vom NASA/ESA Hubble Space Telescope aufgenommen wurden (siehehttp://www.spacetelescope.org/images/opo9544a/).
[3] Wenn ein sonnenähnlicher Stern sein Brennmaterial verbraucht hat, bläst er seine äußeren Schichten in die Umgebung hinaus. Das heiße Überbleibsel des Sterns strahlt weiterhin stark in dieses Material hinein. Dabei entstehen wunderschöne, aber nur kurze Zeit leuchtende Hüllen aus ionisiertem Gas und bilden die sogenannten Planetarischen Nebel. Der Name ist rein historisch bedingt und bezieht sich auf das Erscheinungsbild dieser Objekte in einem kleinen Teleskop und hat somit keinerlei physikalischen Bezug zu einem Planeten.
[4] Die Lebensspanne eines Sterns hängt sehr stark davon ab, wieviel Masse er hat. Ein Stern mit der fünfzigfachen Masse der Sonne lebt nur einige Millionen Jahre, die Sonne wird etwa zehn Milliarden Jahre lang existieren und ein massearmer roter Zwergstern kann Billionen von Jahren leben – viel länger als das derzeitige Alter des Universums.
.