27.02.2018
Gebremst durch seinen Flug durch den äußersten Rand der oberen Marsatmosphäre ist der ExoMars-Orbiter der ESA in eine nahezu kreisrunde Umlaufbahn abgesunken und kann bald mit dem Aufspüren von Methangas auf dem Roten Planeten beginnen.
Der ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO) kam im Oktober 2016 beim Roten Planeten an, um nach den potenziellen biologischen oder geologischen Ursprüngen von Spurengasen in der Marsatmosphäre zu suchen. Außerdem soll er als orbitale Relaisplattform dienen, die die Rover auf der Planetenoberfläche mit den Kontrollzentren auf der Erde verbinden wird.
Bevor dies alles stattfinden kann, musste die Sonde jedoch ihren anfänglichen, hochelliptischen Vier-Tage-Orbit in einer Höhe von etwa 98 000 x 200 km in den endgültigen, nahezu kreisrunden Orbit auf circa 400 km verlagern.
“Seit März 2017 führen wir eine extrem schwierige Atmosphärenbremsung (Aerobreaking) durch. Währenddessen haben wir TGO einmal pro Umlaufbahn in die dünne oberste Schicht der Marsatmosphäre gesteuert. Dadurch verlangsamte sich das Raumfahrzeug und senkte seinen Orbit”, erzählt ESA-Flugdirektor Michel Denis.
“Dabei nutzten wir den leichten Widerstand an den Solarkollektoren des Raumfahrzeugs und konnten seine Umlaufbahn langsam anpassen. Für die Missionsteams, unterstützt von der Europäischen Industrie, war dies eine enorme Herausforderung, aber sie haben exzellente Arbeit geleistet, und wir haben unser anfangs gestecktes Ziel erreicht.“
„Bei einigen Umlaufbahnen befanden wir uns lediglich 103 km über der Marsoberfläche, also unglaublich nah.”
Die Atmosphärenbremsung endete am 20. Februar um 18:20 MEZ, als der TGO seine Schubdüsen für ungefähr 16 Minuten zündete um die größte Annäherung an die Oberfläche auf etwa 200 km anzuheben, außerhalb der Atmosphäre. Dies beendete die Atmosphärenbremsung und brachte TGO auf eine Umlaufbahn von etwas 1050 x 200 km.
Erfahrungen von interplanetaren Missionen zahlen sich aus
“Wir hatten bereits Erfahrungen mit Atmosphärenbremsungen auf Testbasis gesammelt, am Ende der Venus-Express-Mission 2014”, erzählt Spacecraft Operations Manager Peter Schmitz. “Aber dies war das erste Mal, dass die ESA diese Technik eingesetzt hat, um einen Routine-Orbit um einen anderen Planeten zu erreichen – und ExoMars wurde dafür entsprechend entworfen.”
Atmosphärenbremsungen um einen fremden Planeten, der normalerweise 225 Millionen km entfernt ist, sind ein unglaublich schwieriges Unterfangen. Die dünne obere Atmosphäre ermöglicht nur eine extrem geringe Verlangsamung – bestenfalls 17 mm/s.
Wenn man mit seinem Auto auf diese Weise von einer Anfangsgeschwindigkeit von 50 km/h an einer Kreuzung anhalten wollte, müsste man 6 km zuvor beginnen zu bremsen.
„Das Aerobreaking funktionierte nur, weil wir während jeden Umlaufs relativ viel Zeit in der Atmosphäre verbracht und dies über 950 Mal wiederholt haben,“ sagt Michel Denis.
„Über ein Jahr lang haben wir die Geschwindigkeit der Sonde um sagenhafte 3600 km/h reduziert und so ihre Umlaufbahn auf die nötige Höhe gebracht.“
Trimmen
Im kommenden Monat wird das Kontrollteam die Sonde mithilfe ihrer Schubdüse durch eine Serie von bis zu zehn Manövern führen, alle paar Tage eines, um den Orbit zu trimmen. Etwa Mitte April soll dann die endgültige, nahezu kreisrunde Umlaufbahn von zwei Stunden, auf etwa 400 km Höhe erreicht sein.
Die Anfangsphasen der wissenschaftlichen Arbeit, die bereits Mitte März beginnen, widmen sich zunächst der Prüfung der Instrumente und der Durchführung erster Beobachtungen zur Kalibrierung und Validierung. Die wissenschaftlichen Routinebeobachtungen sollten um den 21. April beginnen.
„Dann wird die Sonde neu ausgerichtet, um ihre Kamera nach unten und ihre Spektrometer zur Beobachtung der Marsatmosphäre in Richtung Sonne zu behalten und wir können endlich mit der lang ersehnten wissenschaftlichen Phase der Mission beginnen,“ so Håkan Svedhem, ESA-Projektwissenschaftler.
Hauptziel ist es, eine detaillierte Bestandsaufnahme der Spurengase zu machen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Versuch, Methan und andere Gase nachzuweisen, die von biologischer oder geologischer Aktivität stammen könnten.
Vier wissenschaftliche Instrumente werden ergänzende Messungen der Atmosphäre, Oberfläche und des Untergrundes durchführen. Die Kamera soll helfen, Besonderheiten auf der Oberfläche zu charakterisieren, die mit Quellen von Spurengasen zu tun haben könnten, wie z.B. Vulkanen.
Außerdem soll nach verstecktem Wassereis direkt unter der Oberfläche gesucht werden, was, zusammen mit möglichen Spurengasquellen, die Wahl von Landeplätzen zukünftiger Missionen beeinflussen könnte.
Ferngespräche
Im April werden mit TGO auch Tests zu seinen Datenrelais-Kapazitäten durchgeführt – einem essentiellen Aspekt seiner Mission am Mars.
Ein von der NASA bereitgestelltes Funkrelais wird die Signale der US-Rover auf der Planetenoberfläche auffangen und diese zu Bodenstationen auf der Erde weiterleiten. Diese Datenweiterleitung soll ab Sommer auf Routinebasis erfolgen.
Ab 2021, nachdem der eigene ExoMars-Rover der ESA auf dem Mars angekommen ist, stellt TGO die Datenrelaisdienste für beide Raumfahrtagenturen und für eine Russische Forschungsplattform auf der Oberfläche zur Verfügung.
ExoMars ist ein gemeinsames Unternehmen von ESA und Roscosmos.
Quelle: ESA