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Astronomie - Rekonstruktion der Oberflächenstrukturen des roten Überriesen Antares

24.08.2017

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Mithilfe des Very Large Telescope Interferometer der ESO haben Astronomen dieses beeindruckende Bild des roten Überriesen Antares aufnehmen können. Dies ist das detaillierteste Bild dieses Objekts, oder irgend eines anderen Sterns außer der Sonne, überhaupt.

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Das bislang beste Bild von Oberfläche und Atmosphäre eines Sterns

Erste Karte der Bewegung von Material auf der Oberfläche eines fernen Sterns

 

Mithilfe des Very Large Telescope Interferometer der ESO ist Astronomen die bislang genaueste Abbildung eines Sterns gelungen. Die Forscher erstellten für ihr Zielobjekt, den roten Überriesen Antares, außerdem die erste Geschwindigkeitskarte für Material in der Atmosphäre eines fernen Sterns. Bis dahin war die Sonne der einzige solchermaßen kartierte Stern gewesen. Im Falle von Antares offenbarte die Geschwindigkeitskarte unerwartete Turbulenzen in der gigantisch ausgedehnten Atmosphäre des Sterns. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Die rötliche Farbe des berühmten hellen Sterns Antares im Sternbild Skorpion ist bereits mit dem bloßen Auge zu erkennen.  Antares ist ein riesiger und vergleichsweise kühler roter Überriese im Endstadium seiner Entwicklung, der in nicht allzu ferner Zeit als Supernova explodieren wird [1].

Jetzt hat eine Gruppe von Astronomen unter der Leitung von Keiichi Ohnaka von der Universidad Católica del Norte in Chile mithilfe des Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der ESO am Paranal-Observatorium in Chile die Oberfläche des Sterns kartiert und die Bewegungen des Materials auf seiner Oberfläche vermessen.  So entstand das bislang beste Bild der Oberfläche und der Atmosphäre eines fernen Sterns. Nur von der Oberfläche der Sonne, die uns freilich ungleich näher ist als alle anderen Sterne, existieren bessere Bilder.

Das VLTI ist eine einzigartige Anlage, die das Licht von bis zu vier Teleskopen kombinieren kann – entweder den 8,2-Meter-Hauptteleskopen oder den kleineren Hilfsteleskopen auf dem Paranal.  So entsteht ein virtuelles Teleskop, das so detailscharf ist wie ein Einzelteleskop mit 200 Metern Spiegeldurchmesser. Auf diese Weise werden feine Details sichtbar, die weit jenseits des Leistungsvermögens der derzeit größten Einzelteleskope liegen.

Keiichi Ohnaka, der auch der Erstautor des jetzt erscheinenden Fachartikels ist, sagt: "Seit rund 50 Jahren ist es eine offene Frage der Astronomie, wie Sterne die Antares in dieser Phase ihrer Entwicklung derart rasch an Masse verlieren. Das VLTI war die einzige Anlage, mit der es möglich war, die Gasbewegungen in der ausgedehnten Atmosphäre von Antares direkt zu messen – ist ein wichtiger Schritt hin zur Beantwortung dieser Frage. Die nächste Herausforderung besteht darin, herauszufinden, was diese turbulente Bewegung antreibt."

Mithilfe der neuen Ergebnisse erstellte das Team die erste zweidimensionale Geschwindigkeitskarte der Atmosphäre eines fernen Sterns. Bislang existierte diese Art von Karte nur für die Sonne. Die Forscher setzten dabei das VLTI mit drei Hilfsteleskopen und einem Instrument namens AMBER ein, um in einem begrenzten infraroten Wellenlängenbereich separate Bilder der Oberfläche von Antares aufzunehmen.  Diese Daten nutzten die Forscher dann, um die Differenzen zwischen den Geschwindigkeiten des Atmosphärengases an unterschiedlichen Orten sowie die Durchschnittsgeschwindigkeit, gemittelt über den gesamten Stern, zu berechnen [2].  Das Ergebnis war eine Karte der Relativgeschwindigkeiten des Atmosphärengases über die gesamte Scheibe von Antares – die erste derartige Karte für einen fernen Stern.

Dabei fanden die Astronomen turbulentes Gas geringer Dichte in weit größerer Entfernung vom Stern vor, als es die bisherigen Modelle vorhersagen. Sie schlossen daraus, dass die Bewegung nicht das Ergebnis von Konvektion [3] ist, also von Vorgängen, bei denen Energie durch Materiebewegungen aus dem Zentralbereich in die äußere Atmosphäre eines Sterns transportiert wird – ein durchaus häufiger Vorgang bei Sternen.  Offenbar sei ein neuer, bislang noch unbekannter Mechanismus nötig, um die Bewegungen in der ausgedehnten Atmosphäre von Roten Überriesen wie Antares zu erklären.

"In Zukunft wird es möglich sein, diese Beobachtungstechnik auf unterschiedliche Arten von Sternen anzuwenden und deren Oberflächen und Atmosphären in nie gekannter Detailschärfe zu untersuchen.  Bis jetzt waren derartige Untersuchungen nur für die Sonne möglich" sagt Ohnaka. "Mit unserer Arbeit erhält die stellare Astrophysik eine völlig neue Dimension. Wir haben ein komplett neues Fenster für die Beobachtung von Sternen geöffnet."

Endnoten

[1]  Für Astronomen ist Antares ein typischer roter Überriese.  Diese sterbenden Sterne haben bei ihrer Entstehung zwischen neun und 40 Sonnenmassen.  Wenn ein Stern zum roten Überriesen wird dehnt sich seine Atmosphäre deutlich aus, so dass der Stern groß und hell wird, aber nur noch eine geringe Dichte besitzt.  Antares besitzt zum jetzigen Zeitpunkt rund zwölfmal die Masse der Sonne und hat einen Durchmesser von rund 700 Sonnendurchmessern.  Ursprünglich dürfte er mehr als 15 Sonnenmassen besessen haben. Drei Sonnenmassen an Material sind ihm während seiner bisherigen Entwicklung bereits verlorengegangen.

[2]  Die Geschwindigkeit, mit der sich Material auf die Erde zu oder von der Erde weg bewegt, kann durch den sogenannten Dopplereffekt gemessen werden, der Spektrallinien entweder in Richtung des roten oder des blauen Endes des Spektrums verschiebt, abhängig davon, ob sich das Material, das Licht emittiert, vom Beobachter weg bewegt oder auf ihn zu.

[3]  Konvektion ist diejenige Prozess, in dem sich kaltes Material nach unten und heißes Material nach oben bewegt, als sich immer wiederholender Kreisprozess.  Konvektion tritt sowohl in der Erdatmosphäre als auch bei Meeresströmungen auf, aber eben auch bei Gasbewegungen in Sternen.

Weitere Informationen

Die hier vorgestellten Ergebnisse von K. Ohnaka et al. sind unter dem Titel "Vigorous atmospheric motion in the red supergiant star Antares" in der Fachzeitschrift Nature erschienen.

Die beteiligten Wissenschaftler sind K. Ohnaka (Universidad Católica del Norte, Antofagasta, Chile), G. Weigelt und K.-H. Hofmann (beide Max- Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn).

Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch 16 Länder: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist außerdem einer der Hauptpartner bei zwei Projekten auf Chajnantor, APEX und ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das Extremely Large Telescope (E-ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird.

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

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VLTI-Geschwindigkeitskarte des roten Überriesen Antares

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