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Forschen in der Schwerelosigkeit – die Internationale Raumstation ISS bietet dazu einzigartige Gelegenheit. Im Columbus-Modul wurde nun ihre neueste Forschungseinheit in den wissenschaftlichen Betrieb genommen: das Plasmakristall-Labor PK-4. Die Forschungsgruppe Komplexe Plasmen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat die Funktionsfähigkeit der Laboreinheit getestet und bestätigt. Bei der Vorbereitung der künftigen Experimente konnte das Team außerdem erste wissenschaftliche Daten gewinnen.
"Nach über einem Jahrzehnt von Planung, Design, Fertigung und Qualifikation haben wir es jetzt endlich geschafft die wissenschaftliche Phase zu starten. Wir sind hier dem gesamten Entwicklungsteam am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching und von OHB-München sehr dankbar. Gemeinsam haben wir hier ein großartiges Labor auf Columbus zustande gebracht, das uns hoffentlich über viele Jahre exzellente Wissenschaft ermöglicht", so Dr. Hubertus Thomas, Leiter der DLR-Forschungsgruppe Komplexe Plasmen.
Das PK-4 Labor ist vollständig betriebstüchtig – zur doppelten Freude der Forscher. Denn die Gruppe hat nicht nur die wissenschaftliche Leitung für die Experimente (gemeinsam mit einem russischen Partnerinstitut), sondern hat die Apparatur auch selbst entwickelt. Die ersten Tests mit dem Labor nutzten Thomas und seine Kollegen daher für Referenzmessungen. Die Messungen helfen den Forschern die Apparatur unter den besonderen Bedingungen der Schwerelosigkeit besser zu verstehen. Auch den Ablauf der Experimente wollen sie anhand der Vergleichsdaten weiter automatisieren. Unterstützung erhielten sie vom russischen Kosmonauten Gennady Padalka an Bord der ISS.
Andrang im Columbus-Modul
Der Mann vor Ort hatte die heikle Aufgabe, die Messung im richtigen Augenblick zu aktivieren. Das Kommando der Wissenschaftler im Kontrollzentrum käme nicht rechtzeitig im Labor an. Die Datenübertragung zwischen Raumstation und Erde ist um mindestens fünf Sekunden verzögert. Padalka musste also als Experimentator einspringen. Dabei bewies er geschicktes Timing – ohne Mühe fing er die flinken Partikel im Plasma ein. Denn glücklicherweise hatte er schon an den beiden vorangegangen Plasmaforschungslaboren auf der ISS gearbeitet. Die Erfahrung des Russen zahlte sich aus, zur vollen Zufriedenheit der Wissenschaftler.
Die spektakulären Bilder der Plasmaversuche zog auch die Aufmerksamkeit der anderen anwesenden Kosmonauten und Astronauten im Columbus-Modul auf sich. Einen Moment lang versammelten sie sich rund um den Videomonitor von PK-4 und sahen zu, wie sich eine ruhige Partikelwolke plötzlich in eine Scherströmung verwandelte. Ein Effekt der entstand, wenn Padalka (mit Hilfe aus dem Kontrollzentrum) für die Messungen einen starken Laserstrahl in das flüssige komplexe Plasma lenkte.
Virtuelles Labor auf der Erde
Mit dem Plasmakristall-Labor lässt sich in der Schwerelosigkeit die Bewegung einzelner Teilchen beobachten. Physikalische Prozesse, die normalerweise auf Atom- oder Molekülebene ablaufen, werden sichtbar – und können gezielt untersucht werden. Die nächsten PK-4 Experimente sollen unter anderem Teilchenladungen und Ionenreibungskräfte bestimmen. Diese Größen sind grundlegend für das Verständnis der Experimente auf der Raumstation.
Mit PK-4 betreibt die DLR-Forschungsgruppe Komplexe Plasmen zum dritten Mal ein Labor auf der ISS. Ganz neu ist der Einsatz einer virtuellen "Tele Science"-Einheit. Das System ist identisch zu der Apparatur an Bord der ISS und virtuell damit verbunden. Bisher konnten Thomas und sein Team die Experimente nur am Videobildschirm mitverfolgen und mussten den Experimentator vor Ort per Audiokontakt anleiten. Jetzt können sie mit eigenen Augen beobachten, was im "echten" Labor gerade passiert – und den Ablauf bei Bedarf ändern. Unter Berücksichtigung der verzögerten Datenübertragung können die Wissenschaftler ihre Experimente erstmals spontan an eine Situation anpassen.
Die Steuerung des Labors erfolgt von Toulouse aus, am Kontrollzentrum CADMOS (Centre d'aide au développement des activités en micro-pesanteur et des opérations spatiales). Das Columbus-Kontrollzentrum am DLR in Oberpfaffenhofen ist für die Arbeit mit den Kosmonauten und Astronauten zuständig, bei der Kommunikation und Einsatzplanung. Das Plasmakristall-Labor soll nun für mindestens vier Jahre auf der ISS betrieben werden. Nach den erfolgreichen Vorbereitungen plant die DLR-Forschungsgruppe auch schon die nächste Etappe: den Start der wissenschaftlichen Experimente. Im Herbst soll es losgehen.
Über das Projekt
Das Plasmakristall-Labor PK-4 ist eine europäisch-russische Kooperation der ESA und Roskosmos, mit wissenschaftlicher Führung der DLR-Forschungsgruppe Komplexe Plasmen (ehemals am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, MPE) und der russischen Akademie der Wissenschaften (Joint Institute for High Temperatures, JIHT). Die experimentelle Hardware ist eine Eigenentwickung der Forschungsgruppe während ihrer Zeit am MPE und der OHB System AG (ehemals Kayser Threde). PK-4 wird durch europäische Weltraumorganisation ESA und die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos finanziert. Zusätzliche Finanzierung des Projektes in Deutschland erfolgte durch das Raumfahrtmanagement des DLR und der Max-Planck-Gesellschaft.
Quelle: DLR
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