Die Nasa ist besorgt: Die Verkehrsdichte auf dem Mond nimmt zu. Demnächst wollen Länder wie China und Indien Raumschiffe zum Erdtrabanten schicken. Anlass für die Amerikaner, ein Regelwerk zu veröffentlichen - denn sie fürchten um historisches Equipment, das sie dort oben zurückließen.
Wem gehört eigentlich der Mond? Immobilienmakler wurden bislang nicht gesichtet auf dem Erdtrabanten, aber die US-Weltraumbehörde möchte zumindest schon einmal einige Grundsätze zum Verhalten regeln. Dazu hat sie die "Empfehlungen für Raumfahrttreibende" erarbeitet. Das Ziel des 93-seitigen Papiers: der Schutz der "Apollo"-Relikte und Landestellen auf dem Mond.
Hinzu kommt der Google Lunar X Prize - ein bis 2015 laufender Tüftelwettbewerb, bei dem unter anderem ein Roboter auf den Mond geschickt werden muss, der dort 500 Meter zurücklegt und HD-Videos dreht. Die X Prize Foundation hat nun erklärt, dass sich die Teilnehmer des Wettbewerbs an die Nasa-Empfehlungen halten werden, um die "historischen Stätten" auf dem Mond zu schützen. Zeitgleich veröffentlichte die Nasa ihre Empfehlungen für Mondbesucher.
Damit keine Unklarheiten entstehen: Alle Hinterlassenschaften der Nasa betrachtet die US-Regierung als ihr Eigentum, auch wenn sie nicht mehr genutzt werden und nicht mehr funktionsfähig sind. Für schützenswert hält die Nasa übrigens nicht nur zurückgelassene Geräte, sondern auch Schuhabdrücke der Astronauten im weißen Sand und Einschlagkrater von Sonden wie "LCROSS".
Bei Landungen in der Nähe von "Apollo"-Stätten fordert die Nasa einen Mindestabstand von zwei Kilometern. Die Wissenschaftler begründen dies mit den Zerstörungen, die herumfliegende Steine und Sand anrichten können. Bremstriebwerke landender Raumschiffe wirbeln das Material auf und beschleunigen es auf Geschwindigkeiten zwischen 300 and 2000 Metern pro Sekunde. Wegen der fehlenden Atmosphäre würden diese Partikel Hunderte Meter weit fliegen und wie ein Sandstrahler wirken.
Sonderstatus für "Apollo 11" und "Apollo 17"
Bei der ersten bemannten Mondlandung mit "Apollo 11" berichtete der Astronaut Buzz Aldrin, dass der Horizont einen braunen Schleier bekam - für die Nasa der Beweis dafür, dass der aufgewirbelte Staub bis zum Horizont (auf dem Mond etwa zwei Kilometer) und darüber hinaus fliegt.
Aus der Analyse von Landevideos und Simulationen folgern die Nasa-Wissenschaftler, dass "Apollo"-Landefähren Steine von einem bis zehn Zentimeter Größe auf Geschwindigkeiten zwischen 5 und 50 Metern pro Sekunde beschleunigt haben. Ballistischen Berechnungen zufolge fliegen diese Steine dann 1,5 Kilometer weit, bevor sie wieder auf der Mondoberfläche einschlagen.
Wegen ihrer herausragenden historischen Bedeutung möchte die Nasa die Landestellen von "Apollo 11" (erste bemannte Landung im Juli 1969) und "Apollo 17" (letzte Mondmission im Dezember 1972) unter besonderen Schutz stellen. Fahrzeuge jedweder Art sollen sich den Landeorten nur bis auf 75 Meter ("Apollo 11") beziehungsweise 225 Meter ("Apollo 17") nähern dürfen.
Bei allen anderen Landestellen dürfen Roboter und Mondmobile deutlich näher heran: Für den unteren Teil der Landefähre, die auf dem Mond verblieben ist, ist ein Abstand von drei Metern vorgesehen. Allen anderen Objekten, wie Fahnen, Rovern und wissenschaftlichen Geräten, soll man sich sogar bis auf einen Meter nähern dürfen.
Das dürfte für manches Teilnehmerteam beim Google Lunar X Prize eine gute Nachricht sein. Denn wer es schafft, eine "Apollo"-Landestelle mit seinem kleinen Mondroboter zu besuchen, kann ein zusätzliches Preisgeld von vier Millionen Dollar einstreichen
Es gibt mit den Laserreflektoren übrigens Hinterlassenschaften der Mondmissionen, die bis heute für wissenschaftliche Messungen genutzt werden. Beim sogenannten Lunar Laser Ranging wird die Laufzeit von Laserpulsen gemessen, die diese von der Erde zum Mond und zurück benötigen. Daraus kann man dann mit hoher Präzision den Abstand und die Bewegung des Mondes messen.
Reflektoren befinden sich an mehreren "Apollo"-Landeorten und auch an Landestellen der sowjetischen Mondrover "Lunochod-1" und "Lunochod-2". "Die Reflektoren sollten sorgsam geschützt werden", schreiben die Nasa-Wissenschaftler. Bei Annäherungen unter zehn Metern müssten die Fahrzeuge so langsam rollen, dass sie keinen Staub aufwirbeln, der sich auf dem Reflektor absetzen könnte.