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Das Europäische Astronautenzentrum (EAC) ist ein Kompetenzzentrum zur Auswahl, Ausbildung, medizinischen Betreuung und Überwachung von Astronauten. Zudem betreut es Astronauten und deren Angehörige während der Vorbereitung und Durchführung der Weltraummissionen.
Das EAC schult die Astronauten und das Bodenpersonal für sämtliche europäischen Komponenten der Internationalen Raumstation, etwa für das Columbus-Labor der ESA sowie den ATV-Weltraumtransporter.
Das Europäische Astronautenzentrum stärkt das europäische Engagement für den bemannten Raumflug. Das Zentrum hat unter anderem folgende Aufgaben:
Auswahl europäischer Astronauten, Vorbereitung und Durchführung der Grundausbildung, der Fortgeschrittenenausbildung sowie der Ausbildung für den Einsatz auf der Internationalen Raumstation
Planung und Terminierung der Tätigkeiten und Einsätze der Astronauten, Erhaltung ihrer Gesundheit, Fitness, ihres Kenntnisstands und Leistungsniveaus
Ausbildung von Astronauten internationaler Partner-Weltraumagenturen an allen wichtigen europäischen Komponenten der Internationalen Raumstation
Bereitstellung medizinischen Fachwissens, unter anderem zu den Themen Präventivmedizin, evidenzbasierte Medizin und Psychologie sowie Ernährung und Fitness, zudem medizinische Betreuung von Astronauten vor, während und nach Missionen
PR-Unterstützung und Förderung der bemannten Raumfahrt und Weltraumforschung durch öffentliche Auftritte europäischer Astronauten.
Das Europäische Astronautenzentrum (EAC) wurde 1990 in der Nähe von Köln gegründet. Unser Team besteht aus über 100 Mitarbeitern, darunter Personal des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der französischen Weltraumagentur CNES.
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Mit einem 40-köpfigen Trainerteam bilden wir die ESA-Crewmitglieder für die Internationale Raumstation aus. In über 400 Schulungsstunden erlernen die Astronauten die Bedienung, Überwachung und Wartung der europäischen Module, Fahrzeuge und Experimentiereinrichtungen der Internationalen Raumstation.
Neben der Astronautenausbildung ist die Ausbildungsabteilung des EAC auch für die Schulung und Zertifizierung des Bodenpersonals zuständig, das vom Boden aus das Columbus-Labor überwacht, kontrolliert und bedient und die Astronauten während ihres Fluges unterstützt. Dies ist die Aufgabe des Columbus-Kontrollzentrums (Col-CC) bei München.
Während ihres Aufenthaltes im Weltraum werden die Astronauten auf der Erde von „Eurocom“-Spezialisten vertreten (EUROcom = European Capsule Communicator). Diese Kommunikationsspezialisten halten den Kontakt zwischen den Crews in der Umlaufbahn und der Bodenkontrolle und sind für den Erfolg jeder Weltraummission von entscheidender Bedeutung. Sämtliche Eurocoms werden im Europäischen Astronautenzentrum ausgebildet.
Die Astronautenabteilung ist für die Arbeitsplanung der Astronauten zuständig. Dies umfasst Auswahl, Karrieremanagement, Aufrechterhaltung von Kenntnisstand, Leistungsniveau und körperlicher Fitness, Einsatzplanung und -Betreuung sowie die Sicherheit der Crews.
Bei der Betreuung der Astronauten geht es darum, die besonderen Belastungen für das persönliche (Familien-)leben abzumildern, die sich aus den langen Abwesenheitsphasen von zuhause ergeben. Die Betreuungsgruppe kümmert sich um alle nicht-ausbildungsrelevanten Bedürfnisse der Astronauten und ihrer engsten Angehörigen während der Vorbereitung, Durchführung und der Nachbereitung von Raumflügen.
Die Stabsstelle zur medizinischen Betreuung der Crews widmet sich den Bereichen Vorbeugung, menschliches Verhalten und Leistungsfähigkeit, bietet den Astronauten aber darüber hinaus auch medizinische Schulungen und Betreuungsleistungen.
In der Stabsstelle sind über 20 Fachleute tätig. Sie bereiten die Astronauten körperlich auf die Raumflüge vor und wachen während der bis zu sechs Monate dauernden Missionen über deren Gesundheit. Zu diesem Zweck beschäftigen sie sich mit den Aspekten der Vorbeugung, des menschlichen Verhaltens und der Leistungsfähigkeit und bieten den Astronauten darüber hinaus auch medizinische Schulungen und Betreuungsleistungen.
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Alexander Gerst taucht in das Innere des Modul-Mockups
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Die Vorbereitung von Männern und Frauen auf den Einsatz auf der Internationalen Raumstation ist ein komplexer, kostspieliger Prozess. Die Ausbildung wird mit den wichtigsten internationalen Partnern koordiniert, die jeweils für die Schulung der Astronauten in der Bedienung der von ihnen gelieferten Bestandteile der ISS zuständig sind.
Die Astronautenausbildung der ESA konzentriert sich auf die ESA-Beteiligung an der Raumstation. Alle ISS-Astronauten durchlaufen drei Phasen, bis sie raumflugtauglich sind: Grundausbildung, Fortgeschrittenenausbildung und Missionsvorbereitung.
Neu eingestellte Astronauten absolvieren zunächst eine eineinhalbjährige Grundausbildung, wo sie sich mit Raumfahrt- und Elektrotechnik sowie verschiedenen anderen wissenschaftlichen Disziplinen vertraut machen, die für die bemannte Raumfahrt von Bedeutung sind. In einem weiteren Unterrichtsmodul lernen sie die Systeme der Internationalen Raumstation kennen.
Ergänzt wird die Grundausbildung um die Vermittlung besonderer Fähigkeiten; dazu zählen Tauchkurse zum Trainieren von Weltraumspaziergängen, darüber hinaus Robotik, Kopplungs- und Andockmanöver, russische Sprachkurse, Verhaltens- und Leistungstraining.
Die Fortgeschrittenenausbildung konzentriert sich auf besondere operative Fähigkeiten für die Tätigkeiten an Bord. Schwerpunkte sind Robotik, Außeneinsätze, Sprachausbildung, Verhaltenstraining und Leistungsfähigkeit. Jeder Astronaut durchläuft einen Eignungstest. So kann das Management Crews zusammenstellen, in denen alle essentiellen Fähigkeiten für einen bestimmten Flug vertreten sind.
Die Missionsvorbereitung ist die letzte Ausbildungsphase und beginnt, sobald ein Astronaut für eine bestimmte Mission ausgewählt wurde. Etwa zweieinhalb Jahre besucht der Astronaut die Ausbildungszentren aller fünf an der ISS beteiligten Partnerorganisationen und erwirbt so das Wissen und die Fähigkeiten, die er für seinen Flug braucht. Jeder Astronaut in der Raumstation hat eigene Aufgaben, so dass jedes Crewmitglied eine maßgeschneiderte Ausbildung erhält.
Das EAC verfügt über vielfältigste Trainingsmöglichkeiten und -einrichtungen für die Crewausbildung. Die Astronauten üben den normalen Betrieb, die Behebung von Störungen sowie den Austausch defekter Bordeinrichtungen.
Columbus Trainer Europe
Das Columbus-Labor an Bord der Internationalen Raumstation ist die europäische Forschungseinrichtung im Weltall. Am EAC ermöglicht ein Simulator die Vermittlung von Praxiswissen zur Bedienung und Überwachung sämtlicher Systeme des Columbus-Labors der ESA.
Columbus-Hardware
Das Columbus-Weltraumlabor beherbergt vier Experimentiereinrichtungen: BioLab, Fluid Science Lab, European Physiology Modules und European Drawer Rack. Für alle vier Forschungsmodule stehen im EAC entsprechende Trainingsmodelle bereit.
ATV-Modell und -Simulator
Am Modell des automatischen Weltraumtransporters ATV, gekoppelt mit einem Modell des russischen Swesda-Moduls, können die Astronauten die Ent- und Beladung des ESA-Raumfahrzeugs trainieren. Hier werden auch Kopplungs- und Andockmanöver einschließlich Sicherheitsverfahren für die Crew geübt.
Nullauftriebslabor
Beim Nullauftriebslabor handelt es sich um einen riesigen Wassertank, in dem Weltraumspaziergänge trainiert werden können. Die Astronauten tragen dabei Raumanzüge, die so austariert sind, dass sie damit weder aufsteigen noch absinken. Wirklichkeitsnäher lässt sich das Gefühl der Schwerelosigkeit auf der Erde nicht simulieren.
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Konsolenraum für die medizinische Betreuung im EAC
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Die Stabsstelle zur medizinischen Betreuung der Crews widmet sich den Bereichen Vorbeugung, Verhaltenstraining und Leistungsfähigkeit, bietet den Astronauten aber auch medizinische Schulungen und Betreuungsleistungen.
Der Stabsstelle obliegt die Auswahl, Zertifizierung und Rezertifizierung von Astronauten. Hier arbeiten Ärzte, Biomedizin-Ingenieure, Fitnessspezialisten, Psychologen, IT-Fachleute, Verwaltungsmitarbeiter und Projektmanager.
Unser flugmedizinisches Team besteht aus Ärzten und einer Krankenschwester und ist in allen Missionsphasen für sämtliche medizinischen Belange der ESA-Astronauten zuständig. Sie überwachen die Gesundheitsrisiken und medizinischen Auswirkungen, die sich für die Astronauten aus dem Aufenthalt im Weltraum ergeben. Während der Mission koordinieren sie den Trainings- und Arbeitsplan der ESA-Astronauten.
Vor dem Start führt ein Fliegerarzt alle erdenklichen Untersuchungen durch, um die Flugtauglichkeit der Astronauten sicherzustellen. Im Weltraum versucht das medizinische Team, die Mission so angenehm wie möglich zu machen. Nach der Landung hat es die Aufgabe, die Astronauten schnellstmöglich wieder auf die Beine zu bringen.
Biomedizin-Ingenieure koordinieren die Maßnahmen, die zur effizienten und qualitativ hochwertigen medizinischen Betreuung der ESA-Astronauten während einer Mission notwendig sind. Sie arbeiten mit dem Columbus-Kontrollteam in Oberpfaffenhofen sowie mit den medizinischen ISS-Teams rund um den Globus zusammen. Sie sind Augen und Ohren der ESA-Ärzte.
Die Abteilung Medizinprojekte und Medizintechnik beschäftigt weitere Fachleute für Sportwissenschaften, IT, medizinische Ausbildung und Projektmanagement, die sich ebenfalls um die Gesundheit der Astronauten in der Umlaufbahn kümmern. Diese Spezialisten bereiten zukünftige Projekte vor und bilden die Raumfahrtmediziner von morgen aus.
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GESCHICHTE
Das 1990 gegründete Europäische Astronautenzentrum (EAC) war zunächst Ausbildungsstätte für drei Astronauten. Sie waren für die erste Spacelab-Mission mit dem deutschen Astronauten Dr. Ulf Merbold ausgewählt worden, die 1983 stattfand. Seitdem haben bereits wesentlich mehr europäische Astronauten im Weltraum gearbeitet, die meisten von ihnen wurden vom Europäischen Astronautenzentrum ausgebildet.
1998 gründete die ESA ein einheitliches Europäisches Astronautenkorps. Zur Stärkung der europäischen Identität wurden die Anstrengungen der nationalen Astronautenteams gebündelt. 2002 umfasste dieses Astronautenkorps bereits 16 Astronauten, die alle im EAC arbeiteten.
Mit wachsendem Engagement der ESA für die ISS wuchs auch das Europäische Astronautenzentrum. Es erweiterte seine Ausbildungseinrichtungen und -programme um neue Anlagen und Verfahren. Seit dem Start des europäischen Raumlabors Columbus im Jahre 2007 schult das EAC Astronauten aus aller Welt in der Bedienung des Labors. Die praktische Ausbildung erfolgt an einem wirklichkeitsgetreuen Modell.
Neben der Columbus-Schulungseinrichtung steht ein wirklichkeitsgetreues Modell vom Inneren eines ATV-Weltraumtransporters der ESA zur Verfügung. Das erste Raumfahrzeug dieser Serie, das ATV Jules Verne, startete 2008 und brachte Fracht und Treibstoff zur ISS. Im EAC erlernen die Astronauten sowohl die Überwachung des Andockverfahrens als auch Sicherheits- und Entladeverfahren.
Das Europäische Astronautenzentrum war für die Planung und Durchführung einer jahrelangen Kampagne zuständig, mit der ESA-Astronauten angeworben und ausgewählt werden sollten. Sie endete mit der Vorstellung von sechs neuen Astronauten im Jahr 2009. Sie durchliefen eine Grundausbildung am EAC, und das Zentrum war auch während ihrer spezifischen Schulungen an den anderen Ausbildungszentren weltweit ihr Arbeitsmittelpunkt.
Quelle: ESA
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