24.11.2011
Greifswald - Background-Recherche
Hansjürgen Köhler / CENAP
Über den Fall Greifswald von 1990 wird immer noch in der Ufologie-Szene ein Mysterium daraus gemacht (allerdings nur von Personen welche sich über Fakten hinweg setzen), interessanter Weise kümmert es Menschen welche es dort schon öfter gesehen haben wenig bis überhaupt nicht. Warum?
Da es keine direkten Anwohner erregte, nur die Touristen mit Video-Kamera und Fotokamera. Also müsste es sich eigentlich um "eine normale bzw. bekannte Sache" handeln. Genau das war es, eine normale, bekannte Sache.
Warum also? Dieser Frage wollte ich nochmals genauer nachgehen, da ja Personen welche
sich mit dem Beobachteten auskennen sicherlich nützliche Hintergrund-Informationen liefern könnten. In diesem Zusammenhang nahm ich einfach Kontakt zu ehemaligen NVA-Angehörigen auf welche mit diesen "Leuchtbomben" des Warschauer-Pakt´s vertraut waren.
In einem regen Schriftwechsel (August 2011) gab es nun zusätzliche Informationen welche die "Leuchtbomben" bestätigen. Was in diesem Fall Greifswald vor allen Dingen auch ein wichtiges Detail ist, das die Beobachtungszeit keine 3/4 Stunde war, sondern immer von den jeweiligen Beobachtern im Minuten-Zeitraum von den unabhängigen Beobachtungspunkten aus.
Schriftwechsel-Zitat:
Mit einem gab es Leuchtbomben, Leuchtgranaten (Kaliber 122mm), Leuchtminen (120mm) und Leuchtraketen.
Leuchtbomben und -raketen zum Abschuss aus Fliegern (Flugzeuge und Hubschrauber).
Interessant in dieser Größenordnung vielleicht die Bomben:
• Kaliber 100kg (SAB 100MP): 7 Fackeln, 7.5 Minuten Brenndauer, 5.25 Mcd (Megacandela) Leuchtstärke
• Kaliber 250kg: 7 Fackeln, 7 Minuten, 8 Mcd
• Kaliber 500kg: 7 Fackeln, 7.5 Minuten, 17.2 Mcd
Sinkgeschwindigkeit zwischen 4.3 und 5.5 m/s.
Detailliertes finde ich im Lehrbuch (MA F.E.) "Taktik der Schlachtfliegerkräfte der Armeefliegerkräfte", VVS. Da geht es in diesem Zusammenhang zwar um Zielbeleuchtung, aber am Ende dürfte es technisch auf diese Dinge hinauslaufen.
Foto: SAB
Skizze: SAB
Wichtigste technische Daten zu SAP 100MP:
Der Radius der beleuchteten Fläche: 500 - 2000 m
Die mittlere Sinkgeschwindigkeit von Fallschirm-Leuchtraketen brennen: 4,0 m / s
Zeit der brennenden Fackeln: 450 sek.
Lichtstärke (cd in Millionen): 5
Die entsprechende Menge an Flash-Flares: 3000 m
Quelle: Vševojsk-51-37 , CSLA, Prag 1987
Und hier gibt es eine weitere Detail-Deckung, bei Greifswald-Fotos und Film-Aufnahmen handelt es sich um genau 7 Leuchtfackeln wie es auch bei der Leuchtgranaten-Munition zutrifft (siehe Oben)!
An Zielbeleuchtung habe ich auch erst gedacht - dann kamen mir Zweifel. Warum?
Das Ziel sollte ja auch mit dem FMV erfasst werden, darum müsste die Leuchtbombe auch Winkelreflektoren haben und die müsste natürlich auch langsamer sinken.
Von daher denke ich, es müsste da was spezielles gegeben haben.
~5m/s ist aber schon nicht soooo riesig schnell für ein passives Fluggerät. Ein durchschnittlicher Fallschirmspringer macht die auch...
Langsamer ist man nur mit richtiger Aerodynamik (Segelflieger) oder mit Antrieb.
Wenn solch eine Leuchtbombe am Fallschirm hängt und abbrennt entwickelt sie sicher eine Menge Wärme, die ihrerseits eine gewisse Thermik erzeugt. Ist wie bei Münchhausen, der zog sich selbst auch am Zopf aus dem Sumpf. Zumindest konnte ich das bei den Fallschirmleuchtsignalen beobachten.
Neben Köderraketen wurden solche Leuchtbomben ja häufig als Ziel für das Schießen mit IR-gelenkten Luft-Luft-Raketen (R-3S, R-13M, R-60M/MK, R-73 usw.) verwendet. Da diese ja auch von nicht mit Funkmessgeräten ausgerüsteten Luftfahrzeugen aus eingesetzt wurden, ist das Vorhandensein von Radarreflektoren nicht zwingend.
Foto: R-3S - Infrarot-Rakete - Warschauer Pakt
Foto: R-13M - Rakete beim Abfeuern
Foto: MIG-23 mit R-60M unter der Tragfläche
Foto: M6-Infrarot-Rakete - Warschauer Pakt
Bei den Leuchtraketen wurden wohl auch Fallschirmleuchtgeschosse 5000 (FLG 5000) zur Zielimitation verwendet: Leuchtdauer
1 Minute; mittlere Sinkgeschwindigkeit 5 m/s; Lichtstärke 1 bis 1,5 Mcd
FLGs habe ich höchstens als Gefechtsfeldbeleuchtung benutzt. Nicht als Ziel.
Skizze:FLG-5000
Foto: FLG-5000
Allerdings:
In welcher Entfernung erfasst der IR-Zielsuchkopf? Bei der Annäherung an das "quasi" stationäre Ziel -wie groß ist die Relativgeschwindigkeit? Welche Zeit verbleibt dem FF zum Abschuß? Darum gehe ich davon aus, dass auch beim Einsatz der IR gelenkten Raketen erst mit dem FMV für den Zielanflug gearbeitet wurde.
Aber es wäre interessant zu hören, was ihr da mit der Su gemacht habt. Die hatte ja kein FMV.
Bei den Köderraketen ist das schon wieder anders, die haben eine eigen V und die Annäherungsgeschwindigkeit Flugzeug-Köderrakete ist deutlich kleiner.
Richtig, die Su-22 hatten kein FMV.
Foto:Su-22 der polnischen Luftwaffe
Wimre wurde auf Köderraketen geschossen, in der Regel abgeschossen von MiG-21 aus Trollenhagen.
Foto: MIG-21 der polnischen Luftwaffe
Da war die Annäherungsgeschwindigkeit dann nicht so groß. Zielauffassung
visuell (sicher eher der die Köderrakete abschießenden MiG), die dann nach dem Abschuss der Köderrakete schleunigst abdrehen musste, um nicht selber zum Ziel zu werden, die
R-60 war ja extra für den Nahbereich und den Manöverluftkampf ausgelegt, d.h. man muss dicht ans Ziel heran, um die Rakete abschießen zu können.
Also, ich habe heute mal einen "Augenzeugen" befragen können. Eine exakte Typbezeichnung kam dabei leider nicht heraus. Er kennt "das Ding" auch nur als "Leuchtbombe".
Relativ klar ist, dass es keine Gefechtsfeldbeleuchtug war. Von der Form her wie ein Benzinfass aber kleiner. Ausgesetzt wurde die Leuchtbombe von der Il-28, solange diese noch vorhanden war.
Foto: IL-28 - UdSSR - Flugzeugtyp aus den tiefen 60igern
Foto: MIG-23 UB der polnischen Luftwaffe
Geschossen wurde nur mit den "kleinen" Raketen, also keine R-23 oder R-24.
Konstruktiv war es eine Kombination aus Fallschirm, darunter ein Winkelrefektor der auch den Fallschirm auseinander spreize und darunter dann die Fackel.
In "Flugzeuge der DDR" III. Band steht dazu auf Seite 45:
Zitat: "... Später kamen als Ziel für die R-3S, R-13M oder R-60 auch Leuchtbomben M6 und C7 zum Einsatz. Von eigenen MiG's in 13 000 Meter Höhe abgeworfen und mit Fallschirm niedergehend, konnten drei Paare bzw. sechs FF hintereinander auf das gleiche Ziel schießen. ..."
Skizze: M6
In der pdf-Datei (Link: http://www.roe.ru/cataloque/air_craft/aircraft_130-132.pdf ) ist ein Foto einer M6/M6T.
Aufbau:
- Bombenkörper
- Fallschirmsystem
- IR-Lichtquelle (als Ziel für wärmesuchende (IR-gelenkte) Raketen)
- Radarreflektor
Technische Daten:
- Auffassungsreichweite des brennenden Leuchtsatzes mit einem Kino-Theodoliten: bis 35 km
- Abwurfgeschwindigkeit: 750 - 1200 km/h
- Abwurfhöhe: 2500 - 17 000 m (üblich 12 000 bis 13 000 m)
- Brenndauer: max. 195 sec
- Leuchtstärke: mehr als 2 Mcd
- Durchmesser: 280 mm
- Länge: 1065 mm
- Masse: 98 kg
Hier ( http://www.16va.be/3.2_towing_flights_eng_part2.html ) gibt es Bilder einer M6 an einer MiG-23UB (übliches Abwurfflugzeug), eine schematische Darstellung einer entfalteten M6 und ein Foto zweier fallender M6 in Aktion bei Tageslicht
Soweit einmal die gebräuchlichen Worte von Personen welche mit der Thematik zu tun hatten und so mit verständlich wird, WARUM es keine "aufgeregte eingeborenen Zeugen" gab. Weil es eine normale, bekannte Sache war.
Hier ein Foto von 2009 zum Vergleich zu Fall Greifswald von solchen Leuchtbomben von einer polnischen MIG heraus aufgenommen:
Vergleichs-Foto - Greifswald:
Weitere Fakten zu Greifswald:
.Ebenso erschien 1995 Illobrand von Ludwiger mit »UFOs - Zeugen und
Zeichen/Wissenschaftler untersuchen außergewöhnliche
Himmelserscheinungen« im kleinen Berliner Verlag edition q um ein
besser gebildetes Publikum (mit höherem Einkommen, da das Werk
inklusive eines Videobandes mit knapp DM 100,-- keines für den
Massenmarkt sein kann) zu erreichen, was von der Idee her natürlich zu
begrüßen ist. Auch wird ging basierend auf einem Vortrag vom
10.Dezember 1993 durch den Autor im Max-Planck-Intsitut für Aeronomie
in Lindau bei Göttingen, kein Weg an Greifswald vorbei. Er stellt hier
fest, das die Lichtertrauben "wiederholt" beobachtet worden waren und
keine Einzellichter sichtbar waren, sondern immer nur Trauben.
Keiner der MUFON-CES-Zeugen hat die Erscheinungen "von Anfang bis Ende
ständig im Auge behalten" und "niemand der Zeugen konnte zu den
einzelnen Vorgängen die genaue Beobachtungszeit nennen".
Dies ist uns schon wichtig festzustellen, weil genau die Vertreter
jener Organisation vorbringen, dass keine "Leuchtbombe" oder
"Signalfackel" 45 Minuten lang brennen kann, wie es angeblich
beschrieben wurde. Dipl.Phy.von Ludwiger weiß also ganz genau, dass
aufgrund seiner eigenen Darstellung dieses Argument nicht ziehen kann,
da die Fall-Gegebenheiten ganz anders sind und mit 45 Minuten die
Gesamtdauer des Phänomens durch eben wiederholt auftauchtende
Lichtertrauben gemeint ist und nicht das Auftauchen von nur einer
Formation mit 45 Minuten 'Brenndauer'. Es ist somit auch kein Wunder,
dass es bis heute keinen Videofilm dieses Phantoms gibt, der
durchgehend die Erscheinungen dokumentiert, ganz zu schweigen von 45
Minuten Länge. Erstaunlich ist dagegen eines: von Ludwiger verwendete
in diesem Buch ganz ungeniert unser Zeugenmaterial, welches WW ihm
zugefaxt hatte, um in der Bitte nach Informationsaustausch den ersten
Schritt zu tun (wobei es leider am berühmten zweiten Schritt von
Seitens der MUFON-CES mangelte). Dafür aber hieb der Herr ganz schön
auf die Demagogen-Pauke und schrieb, das W.Walter die
Greifswald-Objekte "zunächst als Spiegelungen in einer Fensterscheibe"
erklärte, was mir auch erstmals beim Lesen dieser Zeilen bekannt
wurde... - Und zurechtgedichteter Quatsch ohne jegliche Basis von IvL
ist.
Ganz erstaunlich jedoch war eine Anmerkung des MUFON-CES-Oberen auf
S.282. Dieser erklärte, dass er und sein Computer-Analyse-Spezl Klein
in Folge der ARD-UFO-Show (hier als "Dokumentation" vorgestellt) vom
24.Oktober 1994, wo der Fall Greifswald als echtes unerklärliches
Rätsel vorgestellt wurde, auch von Leuten des "ehemaligen
NVA-Luftgeschwaders" kontaktiert wurden, die ihnen selbst erklärten,
"dass es sich dabei um Leuchtbomben gehandelt haben könnte", die im
Einzelfall selbst bis zu 10 Minuten lang brennen können und langsam an
einem großen Fallschirm herabschweben. Als Folge der Sendung erhielt
MUFON-CES den Film von Herrn Stoffers, der die Spuklichter von
Zinnowitz aus filmte. Hierbei zeigten sich "Wolken aus rotem Rauch
unterhalb der Lichter und einzelne nach oben abziehende weiße
Dampfwolken, die an Pyrotechnik erinnern"!!! Mensch, was willst du
mehr? Dennoch, es bleibt beim "Nein, Nein, Nein - das kann nicht
sein!" In dem Begleit-Video zu »UFOs - Zeugen und Zeichen« wird
eingestanden, dass das "wie Rauch von pyrotechnischer Leuchtmunition
aussieht".
Dennoch meldete sich bei MUFON-CES auch der Pilot Gerald Drape, der
fünf Bilder aufgenommen hatte. "Herr Drape schrieb uns, ihn hätte
besonders beeindruckt, dass ein mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit
aus Osten kommendes Objekt in die Gruppe hineinflog und dort
unmittelbar zum Stillstand kam." Dieser Mann war deswegen davon
ausgegangen, "dass die Objekte steuerungskontrolliert fliegen, also
unter intelligenter Kontrolle standen." Leider ist in dieser
drastischen Form es die einzige Aussage jener Art in einer Fülle von
Meldungen im Ostseeraum und muß daher als wahrnehmungspsychologisch
bedingter Ausreißer betrachtet werden, aber offenbar scheinen einige
UFO-Forscher diese Aussage dann unbewußt auch auf das Filmmaterial
projiziert zu haben, welches derartig dynamisches Verhalten nicht
hergibt. So etwas kann schon einmal vorkommen, auch Hesemann hatte
einmal auf einer Veranstaltung in Sachen Akte X sich so einen mentalen
Fehler geleistet und in Sachen Concorde-UFO-Film
(Sonnenlichtreflektion im Kamerasystem) behauptete, dass der
"Lichtball" sich HINTER der Concorde bewege und deswegen keine
Reflektion sein kann, während er gleichsam den Film ablaufen ließ und
dort nur zu sehen ist, wie diese Erscheinung sich VOR dem Abbild der
Maschine zu bewegen scheint. Hier verwischen also schnell Vorstellung,
'Traum' und Wirklichkeit.
Im UFO-Report Nr.1/1996 nannte Herausgeber Wladislaw Raab die
eindeutige Erklärung "Phantasien" und all unsere Bemühungen zur
Erklärung abwerdend eine "Käse-Produktion", die "nicht einmal
ansatzweise" durch Recherchen untermauert sei. Deswegen sei die
Erklärung von Deutschland´s größtem UFO-Zwischenfall schlichtweg
"Nonsens". Bereits im UR Nr.2/1995 hatte es heftige Schelte in der
selben Angelegenheit gegeben. Die Erklärung von Greifswald sei
"lächerlich" und "widersprüchlich", käme natürlich mal wieder ohne
jegliche Feldforschung zustande. Der Herausgeber immunisierte sich und
seine Leser gegenüber der konkreten Argumentation und setzt sich
Scheuklappen auf.
Siehe auch:
/_blog/2016/08/20/805-ufo-forschung---ergaenzungabschluss-recherche-zu-fall-greifswald/
+
CENAP-Mannheim/Michelstadt