13.02.2025
Augen in der Tiefsee: Eines der vielen Tausend Module des Neutrino-Teleskops KM3NeT wird aus dem
Wasser geholt. (Quelle: Paschal Coyle)
Kam es aus dem Sternbild Wasserschlange oder einem Schwarzen Loch? Auf der Erde ist ein Teilchen aus dem Weltall registriert worden, das bei seinem Einschlag eine unvorstellbare Energie hatte.
Ein Neutrino mit einer nie zuvor gemessenen Energie ist in Sizilien eingetreten und von Wissenschaftlern registriert worden. Das winzige Elementarteilchen durchquerte die Gesteinsschichten der italienischen Insel, bevor es im Mittelmeer in einer Tiefe von rund 3.500 Metern auf die Detektoren des Neutrino-Teleskops KM3NeT
traf. Die Entdeckung, über die das Wissenschaftsmagazin "Nature" berichtet, könnte unser Verständnis für das Universum revolutionieren.
Das energiereichste Neutrino aller Zeiten
Am 13. Februar 2023 registrierten Sensoren des Arca-Detektors, einer Teilanlage des im Bau becndlichen KM3NeT, ein Elementarteilchen mit einer Energie von mindestens 120 Peta-Elektronenvolt (PeV), heißt es in dem Bericht der internationalen Forschergruppe "KM3NeT Collaboration". Das ist das Zwanzigfache der bisher höchsten Energie, die ein Neutrino je erreicht hat.
Wahrscheinlich lag die tatsächliche Energie sogar bei 220 PeV – ein für uns Menschen kaum vorstellbarer Wert.
Neutrinos sind subatomare Teilchen, die nahezu keine Masse besitzen und keine elektrische Ladung tragen. Sie sind extrem schwer nachzuweisen, da sie kaum mit anderer Materie interagieren. Trotzdem durchqueren sie in jeder Sekunde in Milliardenanzahl unseren Körper, ohne eine Spur zu hinterlassen. Um solche Geisterteilchen sichtbar zu machen, nutzen Wissenschaftler riesige Detektoren wie IceCube in der Antarktis oder KM3NeT im Mittelmeer.
Tscherenkow-Licht in der Tiefsee
Wie kommt es dann, dass ausgerechnet dieses Monsterteilchen entdeckt werden konnte? Das Neutrino selbst wurde nicht direkt beobachtet, sondern durch ein Myon nachgewiesen – ein schweres Elektron, das bei der Reaktion eines Neutrinos mit einem Wassermolekül entsteht. Dieses Myon raste nahezu waagerecht durch die Detektoranlage Arca und erzeugte dabei einen Schauer aus blauen Lichtblitzen, die von den Sensoren aufgefangen wurden, berichten die Wissenschaftler. Zum Zeitpunkt der Entdeckung war erst ein Zehntel des geplanten Detektors aktiv. Insgesamt soll KM3NeT nach seiner Fertigstellung über 128.340 Lichtverstärker enthalten, verteilt auf zwei Standorte: Arca vor der sizilianischen Küste und Orca vor Südfrankreich.
Das Neutrino-Teleskop KM3NeT: Es becndet sich in einer Tiefe von 3.500 Metern auf dem Grund des
Mittelmeeres vor Sizilien. (Quelle: km3net.org)
Botschaft aus einer fremden Galaxie
Die Richtungsempcndlichkeit von KM3NeT ermöglichte es den Forschern, den Ursprung des Teilchens zu lokalisieren: eine Region im Sternbild Wasserschlange. Dort gibt es jedoch keine bekannten galaktischen Objekte, die eine solche Energiemenge erzeugen könnten. Damit steht fest: Das Neutrino stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer anderen Galaxie.
Als mögliche Quelle vermuten Wissenschaftler supermassereiche Schwarze Löcher in aktiven Galaxien. Dort wird Materie in extreme Beschleunigungen versetzt, was zur Entstehung hochenergetischer Teilchen führt. Zwölf solcher aktiven Galaxien wurden in der fraglichen Region bereits identifiziert.
Quelle: t-online.de