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Wenn bei gutem Wetter über dem Stuttgarter Talkessel die Dämmerung hereinbricht, macht sich ein kleines Team von Forschern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf den Weg zur Sternwarte auf der Uhlandshöhe. Mit einem optischen Teleskop beobachten sie von dort aus Weltraumobjekte und vermessen deren Flugbahn. Dazu gehören Schrottteile, aber auch aktive Satelliten oder die internationale Raumstation ISS, die alle im niedrigen Orbit von bis zu eintausend Kilometern Höhe um die Erde kreisen. Mit Hilfe dieser Messungen entwickeln und erproben die Wissenschaftler des DLR-Instituts für Technische Physik eine neue Methode, um die Flugbahn von Schrottteilen genauer zu erfassen und so langfristig beispielsweise Zusammenstöße mit Satelliten zu verhindern.
Bild für Bild zur genauen Flugbahn
Die Forscher nutzen für ihre Messungen die Phase nach der Abend- und vor der Morgendämmerung, wenn das Sonnenlicht die Objekte vor einem dunklen Hintergrund beleuchtet. Im Gegensatz zu den Astronomen der Sternwarte, die nach Fixsternen Ausschau halten, müssen sich die DLR-Wissenschaftler dabei sputen: Denn die von ihnen beobachteten Gegenstände haben eine Geschwindigkeit von rund acht Kilometern pro Sekunde und sind über dem Stuttgarter Talkessel nur wenige Minuten sichtbar. Um dieses Zeitfenster optimal zu nutzen, fährt das speziell für diesen Zweck aufgebaute Spiegelteleskop in eine vorbestimmte Position und wartet auf das Objekt. Die dazu notwendigen Koordinaten liefert ein bestehendes Verzeichnis von Weltraumobjekten, das grob angibt, wann welcher Gegenstand am Himmel über Stuttgart zu sehen ist.
Sobald beispielsweise der erwartete Satellit durch das Sichtfeld des Teleskops fliegt, macht die angeschlossene Kamera eine Aufnahme. Dann fährt das Teleskop in die nächste Position, wartet auf den Satelliten und macht ein weiteres Bild. Pro Überflug entstehen auf diese Weise zehn bis zwanzig Aufnahmen. Mit ihrer Hilfe können die Forscher nun sehr präzise die Flugbahn des verfolgten Objekts bestimmen. Dazu vergleicht ein spezielles Computerprogramm automatisch die Position des auf den Aufnahmen festgehaltenen Gegenstands relativ zu den ebenfalls abgebildeten Sternen, deren Koordinaten bekannt sind.
Technologische Möglichkeiten der Detektion von Weltraumschrott ausloten
"Bereits jetzt können wir die auf der Uhlandshöhe gewonnen Daten nutzen, um bestehende Bahndaten von Weltraumobjekten in ihrer Genauigkeit zu verbessern", erläutert Wolfgang Riede, der das DLR-Projekt auf der Sternwarte leitet. "Hauptsächlich geht es uns aber darum, einen neuen technologischen Ansatz zu demonstrieren und weiter zu entwickeln, um immer kleinere Objekte, vor allem Weltraumschrott, zu erfassen und deren Flugbahn möglichst exakt zu bestimmen. Die Arbeiten auf der Uhlandshöhe sind dazu der erste Schritt", so Riede weiter.
Seit dem Start der Arbeiten im Frühjahr 2013 hat das Stuttgarter Wissenschaftlerteam um Wolfgang Riede bereits rund einhundert Weltraumobjekte beobachtet und vermessen. Die Bedingungen auf der Uhlandshöhe waren dabei besser als erhofft. Zwar beeinträchtigt die nachts hell erleuchtete Innenstadt die Messungen, allerdings sind die Turbulenzbedingungen wesentlich besser. Das heißt, die Temperaturunterschiede über dem Talkessel lenken die Lichtstrahlen nicht so stark ab wie erwartet. Zusätzlich erhalten die DLR-Forscher fachliche Unterstützung von den Mitgliedern des Vereins der Schwäbischen Sternwarte, die das Observatorium auf der Uhlandshöhe ehrenamtlich betreiben und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Sternwarte liegt außerdem nahe am Stuttgarter DLR-Standort im Stadtteil Vaihingen. So können die Wissenschaftler schnell und flexibel auf die Wetterbedingungen reagieren und das System in Betrieb nehmen.
Detektion mittels Laser als nächster Schritt
In rund zwei Jahren wollen Wolfgang Riede und sein Team dann zum nächsten Schritt übergehen: "Bisher nutzen wir das Sonnenlicht in der Dämmerungsphase, um die Weltraumobjekte auszumachen, was wir im Fachjargon passiv-optische Detektion nennen. Um noch exaktere Messungen vornehmen zu können, wollen wir unsere Zielobjekte mit Hilfe eines Lasers anstrahlen – natürlich nur im augensicheren und von den Behörden genehmigten Betrieb", erklärt Riede die weiteren Planungen. Das Thema Weltraummüll wird die DLR-Wissenschaft also nicht nur in Stuttgart noch länger beschäftigen: Vom Schrott im All geht eine steigende Gefahr aus. Denn selbst kleine Schrotteile können bei einem Zusammenstoß verheerende Schäden anrichten. Gleichzeitig wächst der Anteil kleiner Müllobjekte jährlich um mehrere Zehntausend. Technologien, um diese Objekte genau zu verfolgen, tragen so dazu bei, die Sicherheit der bemannten und unbemannten Raumfahrt zu erhöhen.
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Spur eines geostationären Satelliten vor dem Adlernebel (Langzeitbelichtung)
Quelle: DLR
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