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Neue Beobachtungen mit dem ALMA-Observatorium in Chile haben Astronomen haben erstmals enthüllt, wie starke Sternentstehung Gas aus einer Galaxie heraustreiben kann und so zukünftige Sterngenerationen aus Mangel an Material für Entstehung und Wachstum sprichwörtlich verhungern lässt. Die dramatischen Aufnahmen zeigen gewaltige Ausströmungen molekularen Gases, die von Sternentstehungsregionen un der nahegelegenen Sculptor-Galaxie ausgestoßen werden. Diese neuen Ergebnisse liefern ein wichtiges Puzzlestück zur Klärung des seltsamen Phänomens, dass besonders massereiche Galaxien im Universum eher selten sind. Die dazugehörige Studie erscheint am 25. Juli 2013 in der Fachzeitschrift Nature.
Galaxien – Systeme aus bis zu Hunderten Milliarden von Sternen wie unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße – sind die Grundbausteine des Kosmos auf großen Skalen. Ein wichtiges Ziel der Astronomie ist es, zu verstehen, wie sich Galaxien ausgehend von den ersten Protogalaxien kurz nach dem Urknall bis heute entwickelt haben. Eine entscheidende Frage dabei: Was bestimmt, wie viele Sterne in einer Galaxie entstehen?
NGC 253, auch bekannt als Sculptor-Galaxie, ist eine Spiralgalaxie im Sternbild Sculptor (der Bildhauer) am Südsternhimmel. Mit einer Entfernung von 11,5 Millionen Lichtjahren ist sie einer unserer näheren galaktischen Nachbarn und die uns nächste von der Südhalbkugel aus sichtbare Starburst-Galaxie [1]. Mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) haben Astronomen die Zentralregion von NGC 253 anvisiert – und fanden in der Tat molekulares Gas, das senkrecht zur galaktischen Scheibe ausströmt!
„Mit ALMAs Empfindlichkeit und seinem hervorragenden Auflösungsvermögen konnten wir zum ersten Mal starke Konzentrationen kalten Gases ausmachen, das durch die starken Druckwellen weggeblasen wird, die sich in Form von sich ausdehnenden Hüllen um die jungen Sterne ausbilden”, erklärt Alberto Bolatto von der University of Maryland in den USA und zur Zeit auf einem Forschungssemester am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, der Erstautor der Studie. „Die Gasmenge, die wir messen, zeigt deutlich, dass einige sternbildende Galaxien mehr Gas ausspucken als sie aufnehmen. Wir könnten also heute Zeuge eines Phänomens sein, das im frühen Universum häufig vorgekommen ist.”
Diese Ergebnisse könnten mit dazu beitragen zu erklären, warum Astronomen bislang erstaunlich wenige Galaxien mit hoher Masse im Universum gefunden haben. Computermodelle zeigen, dass ältere, rötliche Galaxien deutlich mehr Masse haben und aus viel mehr Sternen bestehen sollten als man es beobachtet. Es scheint als wären die galaktischen Winde oder Gasausströmungen so stark, dass sie der Galaxie den Nachschub an Materie für die nächste Generation von Sternen entziehen würden [2].
„Diese Strukturen liegen auf einem Bogen, der nahezu perfekt mit den Rändern der zuvor beobachteten Ausströmungen aus heißem ionisiertem Gas übereinstimmt”, merkt Fabian Walter an, einer der Koautoren des Fachartikels und führender Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. „Wir können jetzt Schritt für Schritt verfolgen, wie sich aus starker Sternentstehung solche Ausströmungen entwickeln.”
Die Wissenschaftler haben ermittelt, dass gewaltige Mengen molekularen Gases – etwa das Zehnfache der Masse unserer Sonne pro Jahr, vermutlich sogar mehr – mit Geschwindigkeiten zwischen 150.000 und 1.000.000 Kilometern pro Stunde aus der Galaxie ausgestoßen werden [3]. Die Gesamtmenge des herausgeblasenen Gases wäre demnach mehr als das, was im selben Zeitraum in die Entstehung von Sternen innerhalb der Galaxie umgesetzt werden würde. Bei dieser Rate würde der Galaxie bereits in 60 Millionen Jahren das Gas ausgehen.
„Für mich ist das ein Paradebeispiel dafür, wie neue Instrumente die Zukunft der Astronomie bestimmen. Wir haben die Starburst-Region in NGC 253 und andere nahegelegene Starburst-Galaxien fast zehn Jahre lang untersucht. Aber bevor es ALMA gab, hatten wir keine Chance, derart feine Details zu sehen“ erklärt Walter. Für die Studie wurde eine frühe Konfiguration von ALMA mit nur 16 Antennen verwendet. „Es ist aufregend, sich auszumalen, was uns die komplette ALMA mit ihren 66 Antennen über diese Art von Materieströmen zeigen wird“, schließt Walter.
Weitere Studien mit der gesamten ALMA-Anlage werden dazu beitragen, das endgültige Schicksal des Gases zu bestimmen, das vom Sternwind weggetragen wird. Dabei wird sich zeigen, ob die von der Sternentstehung getriebenen Winde das sternbildende Material recyclen oder tatsächlich aus der Galaxie entfernen.
Endnoten
[1] Starburst-Galaxien erzeugen mit einer außergewöhnlich hohen Rate neue Sterne. NGC 253 ist eine der nächstgelegenen Galaxien dieses Typs und damit ein ideales Beobachtungsziel für die Untersuchung der Auswirkungen dieses enormen Sternwachstums auf die Galaxie selber.
[2] Vorangegangene Beobachtungen hatten bereits gezeigt, dass heißeres, aber wesentlich dünneres Material von den Sternentstehungregionen in NGC 253 wegströmt. Das alleine hätte allerdings nur geringe Auswirkungen auf das Schicksal der Galaxie und ihre Fähigkeit weitere Sterngenerationen zu erzeugen, wenn überhaupt. Die neuen ALMA-Daten zeigen viel dichteres molekulares Gas dabei, wie es duch die Entstehung neuer Sterne seinen ersten Schub bekommt und dann zusammen mit dem dünnen, heißen Gas in den galaktischen Halo hinausgespült wird.
[3] Obwohl die Geschwindigkeiten sehr hoch sind, könnten sie dennoch nicht ausreichen, um das Gas aus der Galaxie herauszutreiben. Es wäre dann für Millionen Jahre im galaktischen Halo gefangen und könnte schließlich wieder zurück auf die galaktische Scheibe regnen und dort neue Phasen der Sternentstehung auslösen.
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Dieses Bild zeigt eine dreidimensionale Visualisierung von ALMA-Beobachtungen kühlen Kohlenstoffmonoxidgases in der nahegelegenen Starburst-Galaxie NGC 253, auch bekannt unter dem Namen Sculptor-Galaxie. Dabei steht die vertikale Achse für die Geschwindigkeit des Gases, während die horizontale Achse verschiedene Winkel entlang der Zentralbereiche der Galaxie mit drehendem Blickwinkel zeigt. Die Farben kodieren die Intensität der Strahlung, so wie sie mit ALMA beobachtet wurde. Pink ist am stärksten, rot am schwächsten.
Anhand dieser Daten konnte man zeigen, dass große Mengen kühlen Gases aus den zentralen Bereichen dieser Galaxie ausgestoßen werden. Die nächste Generation von Sternen wird sich daher nur noch unter großen Schwierigkeiten bilden können.
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Dieses Vergleichsbild der nahegelegenen hellen Spiralgalaxie NGC 253, auch bekannt unter dem Namen Sculptor-Galaxie, zeigt eine Infrarotansicht (links) vom VISTA-Durchmusterungsteleskop der ESO und eine Detailaufnahme kühler Gas-Ausströmungen mit ALMA (rechts).
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Diese Aufsuchkarte zeigt die Position der nahegelegenen Spiralgalaxie NGC 253 im Sternbild Sculptor (der Bildhauer). Die Karte zeigt die meisten mit bloßem Auge unter guten Bedingungen sichtbaren Sterne. Die Lage der Galaxie ist mit einem roten Kreis markiert. NGC 253 ist hell genug um von einem dunklen Standort aus schon mit einem Fernglas leicht als langgestrecktes Nebelfleckchen gesehen werden zu können.
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Das VLT Survey Telescope (VST) hat die nahegelegene Spiralgalaxie NGC 253 in ihrer ganzen Schönheit und bis ins letzte Detail portraitiert. Dieses Bild ist vermutlich die beste Weitfeldaufnahme dieses Objekts und seiner Umgebung überhaupt und demonstriert eindrücklich die Schärfe der großflächigen Himmelsaufnahmen, die das VST als neuestes Teleskop am Paranal-Observatorium der ESO liefert. NGC 253 ist übersät mit hell leuchtenden Sternentstehungsgebieten, die mit enormen Raten neue Sterne produzieren. Die Daten, auf denen dieses Bild basiert, wurden mit dem VST-Tube-System verarbeitet, das von A. Grado Und Mitarbeitern am INAF-Observatorio Astronomico di Capodimonte entwickelt worden ist.
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Quelle: ESO
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Update: Von NRAO gibt es hierzu eine sehr schöne Animation: https://people.ok.ubc.ca/erosolo/post/ngc253_co.mp4
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