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Faszinierende Anzeichen für das Wachstum von Gasplaneten durch große Gasströme
Beobachtungen der Scheibe aus kosmischem Gas und Staub um den jungen Stern HD 142527 mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), die auch ausgedehnte Gasströme zeigen, die die Lücke in der Materiescheibe um einen jungen Stern überwinden. Der Theorie nach sollten derartige Gasströme während der Wachstumsphase von Gasplaneten entstehen. Dies ist ein Schlüsselstadium bei der Geburt der Gasriesen.
Der Staub in der äußeren Scheibe ist rot dargestellt. Das dichte Gas in den Strömen und in der äußeren Scheibe ist grün dargestellt und das diffuse Gas in der zentralen Lücke blau. Die Gasfilamente, die von der äußeren Scheibe in Richtung Zentrum fließen, sind auf der Drei- und der Zehn-Uhr-Position zu sehen. Das dichte Gas besteht aus HCO+, und das diffuse Gas aus CO. Die äußere Scheibe hat einen Durchmesser von etwa zwei Lichttagen. Wenn es sich bei dem System um unser eigenes Sonnensystem handeln würde, dann würde sich die Raumsonde Voyager 1 – das am weitesten von der Erde entfernte menschengemachte Objekt – etwa an der inneren Kante der äußeren Scheibe befinden.
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Astronomen haben mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) erstmals direkt beobachten können, wie ausgedehnte Gasströme eine Lücke in der Materiescheibe um einen jungen Stern überwinden. Der Theorie nach sollten derartige Gasströme während der Wachstumsphase von Gasplaneten entstehe. Dies ist ein Schlüsselstadium bei der Geburt der Gasriesen. Die Beobachtungen werden am 2. Januar 2013 in der Fachzeitschrift Nature publiziert.
Ein internationales Astronomenteam untersuchte den jungen Stern HD 142527, der über 450 Lichtjahre von der Erde entfernt und von einer Scheibe aus kosmischem Gas und Staub umgeben ist – den Überbleibseln der Wolke, aus der er entstanden ist. Die Staubscheibe ist durch eine Lücke in einen inneren und einen äußeren Teil gegliedert. Die Lücke wurde vermutlich von in der Entstehung befindlichen Gasplaneten erzeugt, die während ihrer Umlaufbewegung um den Stern ihre Umgebung freiräumen. Der innere Bereich der Scheibe reicht vom Stern bis zu einer Entfernung, die in unserem Sonnensystem der Umlaufbahn des Saturn entspricht, während der äußere Teil der Scheibe erst in der 14-fachen Entfernung weiter außen beginnt. Der äußere Bereich umgibt den Stern nicht gleichmäßig, sondern hat die Form eines Hufeisens, was wahrscheinlich durch den Einfluss der Schwerkraft der Gasriesen zustande gekommen ist.
Der Theorie der Planetenentstehung nach wachsen Gasplaneten durch Gas aus den Außenbereichen der Scheibe, das einzelne Ströme bildet, die dann die Lücke überbrücken.
„Astronomen hatten berechnet, dass es solche Gasströme geben müsste, aber wir waren die ersten, die sie auch wirklich direkt beobachten konnten”, erläutert Simon Casassus von der Universidad de Chile, der die Studie geleitet hat. „Mithilfe von ALMA sind wir in der Lage, Licht in das Dunkel der Planetenentstehung zu bringen und die Theorien durch Beobachtungen zu überprüfen.”
Casassus und sein Team nutzten ALMA, um das Gas und den Staub rund um den Stern zu untersuchen. Dabei gelang es ihnen, mehr Details in unmittelbarer Umgebung des Sterns zu sehen als es mit Teleskopen dieser Art jemals zuvor möglich war. Die ALMA-Beobachtungen bei Submillimeterwellenlängen werden außerdem nicht wie im Infraroten oder im sichtbaren Licht durch das helle Leuchten des Sterns beeinträchtigt. Zwar war die Lücke in der Staubscheibe bereits zuvor bekannt, aber die Wissenschaftler entdeckten diffuses Gas, das in der Lücke verblieben war und zwei dichtere Gasströme aus dem äußeren Bereich der Scheibe, die über die Lücke in den inneren Teil fließen.
„Wir gehen davon aus, dass sich im Inneren der Scheibe Gasriesen verbergen, die jeweils einen dieser Ströme verursachen. Diese Planeten wachsen, indem sie sich das Gas aus dem äußeren Teil der Scheibe einverleiben. Allerdings sind sie sehr unordentliche Esser: Ein Teil des Gases strömt an ihnen vorbei in den inneren Bereich der Scheibe um den Stern“, erklärt Sebastián Pérez, ein Mitglied des Teams, ebenfalls von der Universidad de Chile.
Die Beobachtungen helfen auch bei der Beantwortung einer weiteren Frage bezüglich der Scheibe um HD 142527. Da sich der Stern selbst immer noch in der Entstehungsphase befindet und ständig Material aus dem inneren Teil der Scheibe abzieht, müsste diese sich schon längst aufgelöst haben, wenn es keinen Prozess gäbe, der ihr neues Material zuführt. Die Astronomen haben herausgefunden, dass die Rate, mit der das an den Planeten vorbeiströmende Gas in die innere Scheibe fließt, genau richtig ist, um den Verlust durch das Wachstum des Sterns zu ersetzen.
Erstmalig wurde auch diffuses Gas in der Lücke entdeckt. „Lange haben Astronomen nach diesem Gas gesucht, aber bisher gab es nur indirekte Hinweise auf seine Existenz. Mit ALMA können wir es nun direkt sehen“, ergänzt Gerrit van der Plas, ein weiteres Mitglied des Teams von der Universidad de Chile.
Das übriggebliebene Gas ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Ströme von Gasriesen verursacht werden und nicht von noch größeren Objekten, wie zum Beispiel Begleitsternen. „Ein zweiter Stern in dem System hätte die Lücke von sämtlichen Gasresten befreit. Durch die Bestimmung der Menge des übrig gebliebenen Gases waren wir in der Lage, die Massen der Objekte einzugrenzen, die die Lücke freiräumen“, fügt Pérez hinzu.
Wo aber sind die Planeten selbst? Casassus erklärt, dass er nicht überrascht ist, dass das Wissenschaftlerteam sie nicht direkt beobachten konnte. „Wir haben mit den modernsten Infrarotinstrumenten an anderen Teleskopen nach den Planeten gesucht. Wir vermuten jedoch, dass sie sehr tief in den nahezu undurchsichtigen Gasströmen verborgen sind. Die Chancen, sie direkt beobachten zu können, sind daher vermutlich sehr klein.”
Durch genauere Untersuchungen der Gasströme und des diffusen Gases möchten die Astronomen aber dennoch mehr über die Planeten herausfinden. ALMA befindet sich noch im Aufbau und hat seine volle Leistungsfähigkeit noch nicht erreicht. Wenn der Teleskopverbund fertiggestellt ist, wird sein Auflösungsvermögen noch größer sein. Neue Beobachtungen der Ströme werden es den Forschern dann vielleicht ermöglichen, die genauen Eigenschaften der Planeten, wie zum Beispiel ihre Massen, zu bestimmen.
Weitere Informationen
Die hier vorgestellten Forschungsergebnisse erscheinen am 2. Januar 2013 unter dem Titel “Flows of gas through a protoplanetary gap” in der Fachzeitschrift Nature.
Die beteiligten Wissenschaftler sind S. Casassus (Universidad de Chile; Millennium Nucleus for Protoplanetary Disks - Wirtschaftsministerium der chilenischen Regierung), G. van der Plas (Universidad de Chile), S. Pérez M. (Universidad de Chile), W. R. F. Dent (Joint ALMA Observatory; ESO Chile), E. Fomalont (NRAO, USA), J. Hagelberg (Observatoire de Genève, Schweiz), A. Hales (Joint ALMA Observatory; NRAO), A. Jordán (Pontificia Universidad Católica de Chile), D. Mawet (ESO Chile), F. Ménard (CNRS / INSU, Frankreich; Universidad de Chile; CNRS / UJF Grenoble, Frankreich), A. Wootten (NRAO), D. Wilner (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, USA), A. M. Hughes (U. C. Berkeley, USA), M. R. Schreiber (Universidad Valparaiso, Chile), J. H. Girard (ESO Chile), B. Ercolano (Ludwig-Maximillians-Universität München), H. Canovas (Universidad Valparaiso), P. E. Román (Universidad de Chile), V, Salinas (Universidad de Chile).
Das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) ist eine internationale astronomische Einrichtung, die gemeinsam von Europa, Nordamerika und Ostasien in Zusammenarbeit mit der Republik Chile getragen wird. Von europäischer Seite aus wird ALMA über die Europäische Südsternwarte (ESO) finanziert, in Nordamerika von der National Science Foundation (NSF) der USA in Zusammenarbeit mit dem kanadischen National Research Council (NRC) und dem taiwanesischen National Science Council (NSC), und in Ostasien von den japanischen National Institutes of Natural Sciences (NINS) in Kooperation mit der Academia Sinica (AS) in Taiwan. Bei Entwicklung, Aufbau und Betrieb ist die ESO federführend für den europäischen Beitrag, das National Radio Astronomy Observatory (NRAO), das seinerseits von Associated Universities, Inc. (AUI) betrieben wird, für den nordamerikanischen Beitrag und das National Astronomical Observatory of Japan für den ostasiatischen Beitrag. Dem Joint ALMA Observatory (JAO) obliegt die übergreifende Projektleitung für den Aufbau, die Inbetriebnahme und den Beobachtungsbetrieb von ALMA.
Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 15 Mitgliedsländer: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner für den Aufbau des Antennenfelds ALMA, das größte astronomische Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop mit 39 Metern Durchmesser für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird: das European Extremely Large Telescope (E-ELT).
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Quelle: ESO